Zero Waste Leipzig, alle Infos unter www.stadtreinigung-leipzig.de und www.mein-leipzig-schon-ich-mir.de, Vollständiges Interview unter: www.facebook.com/FrizzLeipzig
Die Klimakrise ist allgegenwärtig. Während Kiel bislang als einzige deutsche Stadt den Titel „Zero-Waste-Stadt“ trägt, will Leipzig bis 2030 eben dies auch werden. Was bedeutet das? Was verbirgt sich hinter dem städtischen Projekt „Mein Leipzig schon‘ ich mir“? Grund genug, bei Elke Franz und Julia Görner von der Leipziger Stadtreinigung nachzufragen
Hallo, Frau Franz, hallo, Frau Görner, können Sie sich bitte kurz vorstellen?
Franz: Ich bin seit 2008 in der Stadtreinigung tätig. 2017 übernahm ich die Position der kaufmännischen Betriebsleiterin des Eigenbetriebes. Ich trage Verantwortung für die wirtschaftlichen und administrativen Aufgaben im Betrieb. Dazu zählt unter anderen auch die Erarbeitung des ZeroWaste-Konzeptes für die Stadt Leipzig. Görner: Ich verantworte als Projektleiterin das Thema „Zero Waste“ bei der Stadtreinigung Leipzig. Nach meinem Studium der Naturwissenschaften in Halle wohne ich seit vier Jahren in Leipzig und engagiere mich hier leidenschaftlich beruflich für den Umweltschutz. Seit eineinhalb Jahren betreue ich das Projekt „Mein Leipzig schon‘ ich mir“ bei der Stadtreinigung und entwickle als eine meiner Hauptaufgaben die Leipziger Zero-Waste-Strategie.
Wie definiert sich eigentlich eine Zero-Waste-Stadt?
Görner: „Zero Waste“ bedeutet, dass sich Städte von einer linearen Abfallwirtschaft hin zu einer echten Kreislaufwirtschaft entwickeln. Es geht entgegen dem weitverbreiteten Irrglauben nicht darum, gar keine Abfälle mehr zu produzieren, sondern, dass wir keine Ressourcen verschwenden und so viel Abfall wie möglich durch gute Trennung wieder dem Rohstoffkreislauf zurückführen. Wir übersetzen „Waste“ in diesem Zusammenhang nicht mit „Abfall“, sondern mit „Verschwendung“.
Was bedeutet das für die Stadtreinigung Leipzig?
Görner: Dass alle recyclebaren Abfälle wie Bioabfall, Papier, Glas und Plaste in Recycling-Systeme zu überführen sind, so dass daraus wieder neue Produkte entstehen können. Dadurch verringert sich der Restabfall. Gleichzeitig soll sich der Siedlungsabfall immer weiter reduzieren, weil wir den Leipzigerinnen und Leipzigern auch verschiedene Möglichkeiten bieten, Gegenstände durch Wiederverwendung oder Reparatur möglichst lange im Kreislauf zu behalten. Der beste Abfall ist nämlich der, der gar nicht erst entsteht. „Zero Waste“ ist nicht nur ein Trend, sondern ein dringend notwendiger Schritt, um unseren Planeten zu schützen. Deshalb möchten wir unter dem Titel „Mein Leipzig schon ich mir“ die Zukunft Leipzigs im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung gestalten. „Der beste Abfall ist der, der gar nicht erst entsteht.“
Wer hat beschlossen, dass Leipzig eine solche Zero-Waste-Stadt werden soll? Warum? Gibt es eine zeitliche Zielvorgabe?
Franz: Die Auswirkungen des globalen Klimawandels werden inzwischen auch lokal spürbar. Extreme Wetterlagen mehren sich, von langen Hitze- und Trockenperioden bis zu Starkregen und Überflutungen. Die Stadt Leipzig hat darauf bereits reagiert, indem sie 2019 den Klimanotstand ausgerufen hat. Damit werden alle kommunalen Entscheidungen mit Blick auf die Auswirkungen aufs Klima abgewogen. Mit diesem Hintergrund hat die Ratsversammlung am 13. Oktober 2021 (VII-A05494) beschlossen, dass Leipzig eine Zero-Waste-City werden soll und den Oberbürgermeister damit beauftragt, eine Mitgliedschaft im Zero-Waste-Cities-Netzwerk zu beantragen sowie die dafür notwendigen konzeptionellen Vorbereitungen zu treffen.
Welche klaren Ziele gibt es?
Franz: Es wurden im Nachgang ganz klare Ziele gesteckt: Bis 2030 soll sich das Restabfallaufkommen um mindestens zehn Prozent auf jährlich 125 Kilogramm pro Einwohner reduzieren. Das Siedlungsabfallaufkommen soll sich ebenfalls bis 2030 um zehn Prozent auf 330 Kilogramm pro Einwohner verringern. Darüber hinaus soll für die Zukunft die sortenreine Abfalltrennung immer weiter verbessert werden. Und auch Gewerbetreibende sollen mit Unterstützungsangeboten mit in die Verantwortung genommen werden.
Welche Chancen und Möglichkeiten liegen für Leipzig in dem Titel namens Zero-Waste-Stadt?
Franz: Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Städten. Demzufolge sind Städte ganzheitlich betrachtet auch verantwortlich für den größten Anteil am CO2- Ausstoß und die größte Menge an Abfall. Auch hier in Leipzig haben wir es selbst in der Hand, den Kampf um den Klimawandel zu gewinnen oder zu verlieren. Es geht uns gar nicht vorrangig um den Titel „Zero Waste“. Wir müssen es einfach schaffen, Abfall zu vermeiden, denn weniger Materialverbrauch bedeutet weniger CO2- Ausstoß. Durch geringere Abfallmengen werden weniger Fahrten und Prozesse zur Verwertung nötig. Ebenso sorgt eine Verwertung in Sinne der Kreislaufwirtschaft dafür, dass weniger Rohstoffe aus der Umwelt entnommen und verarbeitet werden müssen – auch hierin liegt eine Einsparung der CO2-Emissionen. Darüber hinaus arbeiten wir derzeit daran, unseren Fuhrpark sukzessive auf alternative Antriebstechnologien umzustellen. Die Abfallwirtschaft kann daher mit dem Übergang zu einer „echten Kreislaufwirtschaft“ einen hohen Beitrag zum Klima- und Ressourcenschutz leisten.
Text: Mathias Schulze