Der Herbst, der ja nun unweigerlich beginnt, dürfte die Jahreszeit sein, in der es so viele neue Menschen in die Stadt zieht, wie sonst nie. Allein etwa 9.000 neue Studierende landen wegen des im Oktober beginnenden Wintersemesters in Leipzig. Dass die Neuankömmlinge sich fragen, was an Leipzig lebens- und wohnenswert sein soll, liegt freilich nahe. Weshalb wir Sie gerne mitnehmen auf einen kleinen medialen Spaziergang durch einige Stadtviertel, immer auf der Suche nach dem passenden Kiez.
Der Leipziger Süden ist eine beliebte Sammelbezeichnung für die Stadtteile Südvorstadt, Zentrum-Süd und Connewitz. Wer es vielfältig, kinderfreundlich, kreativ und grün mag, ist in Connewitz genau richtig. Der Stadtteil gilt als der waldreichste, der Leipziger Auwald sorgt für Naherholung und frische Luft. Vom Stadtteil aus erreicht man schnell die Fuß-, Rad- und Reitwege, auf denen man beispielsweise den Leipziger Wildpark oder diverse Seen bequem erkunden kann. Da der überwiegende Teil der älterer Wohnbauten in Connewitz saniert und rekonstruiert wurde, kann auch heute noch die Schönheit der Gründerzeithäuser besonders auffallen. Und Connewitz ist vor allem ein Hort der Kultur! Das Leipziger „Werk 2“ ist seit 30 Jahren eine einzigartige Kulturfabrik. Dort gibt es Werkstätten und Kurse, dort kann gebastelt, gedruckt, getöpfert oder auch getanzt werden. Von den Workshop-Angeboten und von einer unglaublichen Fülle an Konzerten und Theateraufführungen, die auch von den benachbarten „Cammerspielen“ veranstaltet werden, ganz zu schweigen.
Kultur satt gibt es freilich auch im legendären Lichtspieltheater „UT Connewitz“ oder im Jugend- und Kulturzentrum „Conne Island“. Diverse Sportanlagen und Kleingärten steigern ergänzend die Lebensqualität. Natürlich gilt Connewitz überregional als Hochburg der linken und alternativen Szene. In Wahrheit stellt diese Szene jedoch nur einen kleinen Teil der Connewitz-Bevölkerung dar. Kitas, Schulen, Hochschulen und Kirchen: Wer es jung und lebendig mag und dennoch naturnahe Rückzugsorte zu schätzen weiß, ist in Connewitz und auch in der Südvorstadt genau richtig.
Die Südvorstadt und Zentrum-Süd verbinden das Stadtzentrum mit Connewitz. Neben der Altbausubstanz ist dort natürlich die Karl-Liebknecht-Straße das Aushängeschild schlechthin: Auf der „Karli“ wird gespeist, getrunken, getanzt, geliebt, gelacht, geweint und gefeiert, auf der „Karli“ gibt es Kneipen, Kleinkunst und Alternativläden. Wer noch nie betrunken oder von Kultur berauscht aus dem soziokulturellen Zentrum „die naTo“ kam, ist noch nicht richtig in Leipzig angekommen. In der Südvorstadt ist man mittendrin statt nur dabei – Gentrifizierung inklusive.
Der Leipziger Norden
Der Leipziger Norden steht für Stadtteile wie Gohlis, Eutritzsch, Möckern, Mockau, Wahren oder Lützschena. Hier gilt ganz grundsätzlich: Wohnen statt fiebrig leben! Umgebaute Kasernenanlagen, eine gute Straßenbahnanbindung, Alt- und Neubauten, Parks, Eigenheime, Freizeit- und Sportstätten, Radwege, Kleingärten, große Wohnungen und Straßen, Kirchen und historische Sehenswürdigkeiten wie das Gohliser Schlösschen oder das Schillerhaus: Im Leipziger Norden sind jene Menschen richtig, die es inmitten einer meist bürgerlichen Schicht eher ruhiger und gemütlicher mögen und für das vergleichsweise günstige Wohnen ein wenig mehr Platz brauchen. Nicht umsonst heißt es im Leipziger Volksmund: „Wem’s zu wohl ist, der zieht nach Gohlis.“
Der Arthur-Bretschneider-Park mit dem anliegenden Geyserhaus ist ein großes Idyll. Auch der Leipziger „Anker“ ist ein kultureller Leuchtturm im Norden. Beide soziokulturellen Zentren bieten nicht nur regelmäßig Kunst und Kultur, sondern verstehen sich mit ihren zahlreichen Aktionen, Initiativen oder Workshops auch als Begegnungsräume, die das Viertel aktiv gestalten und lebendig halten.
Der Leipziger Westen
Der Leipziger Westen ist eigentlich eine Sammelbezeichnung für die Stadtteile Lindenau, Plagwitz, Kleinzschocher und Leutzsch. Wie kein anderes Gebiet in Leipzig steht der Westen für das Aufeinanderprallen und Zusammenleben von mehreren Generationen. Im Westen wohnt die ältere Generation neben dem künstlerischen Wirbel. War das Gebiet in den 1990er Jahren noch geprägt von Leerstand, Verfall und Arbeitslosigkeit, wird es heute gerne als großartiger Kulturraum bezeichnet. Die Karl-Heine-Straße mit den Aushängeschildern Schaubühne Lindenfels, Felsenkeller und den vielen kleineren Läden ist mittlerweile eine Ausgeh- und Partyzone für all jene, denen die Karl-Liebknecht-Straße in der Südvorstadt zu kommerziell geworden ist.
Auf der Karl-Heine-Straße spielen nicht nur „Kraftklub“ gelegentliche Spontankonzerte - nein, auf der Karl-Heine-Straße findet man zuverlässig Gaststätten, Bio-Läden, Mode, Bücher und Kultur. Gemeinschaftsgärten, Galerien und Ateliers prägen das Bild. Der „Bürgerbahnhof Plagwitz“ ist beispielsweise ein riesiges Areal, das der kreativen Nutzung dient. Das Angebot geht über Nachhaltigkeitsprojekte bis hin zu einen Bauspielplatz für die ganze Familie.
Der „Bürgerbahnhof Plagwitz“ ist in einem gewissen Sinne wie der Leipziger Westen: Ein urbanes Labor. Im Westen treffen Skater-Rampen auf Industriedenkmäler, Start-Up-Unternehmen auf ehemalige Fabrikgebäude. Dort trifft der Karl-Heine-Kanal auf diverse Wasserfeste. Große Strahlkraft haben natürlich das „Theater der Jungen Welt“, die „Baumwollspinnerei“, die „Musikalische Komödie“ oder auch das freie Theaterproduktionshaus „Lofft“.
Der Leipziger Osten
Der Leipziger Osten ist eine beliebte Sammelbezeichnung für Stadtteile wie Anger-Crottendorf, Reudnitz-Thonberg, Neustadt-Neuschönefeld oder Volkmarsdorf. Überregional bekannt wurde der Leipziger Osten durch den dort aufgewachsenen Schriftsteller Clemens Meyer und seinen Roman „Als wir träumten“. In den letzten Jahren hat besagter Osten, ein Gebiet mit Ecken und Kanten, aber einen regelrechten Boom erlebt: Erneuerungen, Sanierungen, Geschäftsansiedlungen, Park- und Sportstättenausbau. Wie kein anderes Leipziger Gebiet hat der Osten in den letzten Jahren einen deutlichen Einwohnerzuwachs zu verzeichnen. Gerade Studierende finden dort günstigen Wohnraum.
Das zivilgesellschaftliche Engagement ist im Osten breit aufgestellt. Initiativen, Begegnungsräume oder Kulturstätten wie beispielsweise die „IG Fortuna“, das Pöge-Haus, der Verein „Ostwache Leipzig“ oder das Stadtteilkulturfestival „OSTLichter“ sorgen für eine deutlich gewachsene Lebensqualität. Ganz generell ist dieser Leipziger Stadtteil für eine kreative Zusammenarbeit von Bürgern, Vereinen und Eigentümern bekannt. Es gibt zahlreiche Netzwerke wie das „Netzwerk Wohnen“, die sich mit Leidenschaft für ein lebendiges Wohngebiet und für die Interessen der Bürger stark machen.
Und wer einen Sinn für die Geschichte hat, findet dort auch heute noch diverse Plätze, an denen sich der Wandel der Zeit zeigt. Der Osten punktet zudem durch seine Nähe zur Innenstadt und durch Erholungsmöglichkeiten wie Grünflächen und Kleingärten.
Schleußig
Der Stadtteil Schleußig gehört zum Süden der Stadt und ist als das Familienviertel Leipzigs bekannt. In Schleußig scheint alles auf den Bedarf junger Familien abgestimmt zu sein. In den Hinterhöfen tummeln sich die Trampolins, vor den Häusern stapeln sich die Geschenkboxen, die vor allem ausrangierte Kindersachen weitergeben wollen. Der Party-Modus ist in Schleußig vergleichsweise gedämpft, dafür ist der Lautstärkepegel der Kleinkinder umso heftiger. Wer es eher intim und familiär haben möchte, wird an den kleinen Läden, den Give-Boxen, den Spätis und an der berühmten „Entenbrücke“ seine Freude haben. Und bei Studierenden ist Schleußig auch sehr beliebt, denn schnell ist man in der Innenstadt und in den Naherholungsgebieten wie dem Volkspark Kleinzschocher, dem Clara-Zetkin-Park, dem Leipziger Auwald oder dem Cospudener See. Ein kleiner Funfact am Rande: Schleußig ist der einzige Ortsteil Leipzigs, der fast vollkommen von Wasserwegen umschlossen und daher ausschließlich über Brücken erreichbar ist
Grünau
Der Stadtteil Grünau ist einzigartig. In den 1970er und 80er Jahren wurde Grünau planmäßig angelegt. Und das hieß in der DDR: Platte an Platte, Wohnraum an Wohnraum, Block an Block. Grünau zählte in der DDR neben Berlin-Marzahn und Halle-Neustadt zu den größten Plattenbausiedlungen des Landes. Grünau war damals äußerst begehrt. Nach der Wende zogen viele Menschen weg, es kam zum Rückbau, Grünau wurde zum sozialen Brennpunkt. Aber das erscheint heute auch nur als ein Episode der Geschichte, seit 2010 steigt in Grünau die Einwohnerzahl. Vermehrt gestalten Bürger- und Bildungszentren das Stadtbild, Grün- und Freiflächen oder auch Sportstätten wurden erneuert. Vermehrt zieht es vor allem jüngere Menschen mit schmalerem Geldbeutel nach Grünau.
Schnell ist man am Kulkwitzer See. Dort findet man Bademöglichkeiten, einen Bootsverleih, Tauchschulen oder auch eine Wasserski- und Wakeboardanlage. Das Stadtteil-Kulturzentrum „Komm-Haus“ und der jährliche „Grünauer Kultursommer“ haben eine enorme Strahlkraft, die nicht nur die Lebensqualität der Stadtteilbewohner erhöht: Tanz, Theater und Kino, Ausstellungen, Konzerte und Lesungen. Grünau ist heute schon wesentlich mehr als nur ein sozialer Brennpunkt.
Text: Max Feller