Geneigte Leser*,
einmal alle vier Jahre wird es ungemütlich für den deutschen Staatsbürger. Und dieses Einmal ist jetzt – am 9. Juni: Kommunal- und Europawahl. Gerade noch friedlich vor sich hindämmernd, wird er dann geweckt und soll: Entscheiden! Ausgerechnet er, der Untertan, der nichts lieber tut, als nichts zu tun, die da oben schön machen zu lassen, um sie anschließend zu beschimpfen: Dann beschwert er sich, nicht gehört und nicht beteiligt zu werden. Und vor lauter schizophrener Empörung wählt er am Ende eine Partei, die vorgibt, ihm sein Land zurückzuholen. Das schreibt diese Partei mit der rechten Hand auf Wahlplakate, während sie mit der linken Geld von Russen und Chinesen nimmt. Schon ein Widerspruch, würde man meinen und dass sie diesmal wirklich zu weit gegangen sind. Aber nein, da geht noch was! Früher waren das Geschichten, die Parteien kurz vor der Wahl über die Klippe geschoben haben. Heute indes? Die Wahlprognosen für die AfD bleiben unverändert hoch. Mehr Schizophrenie gibt’s wirklich nur in der Psychiatrie. Um nicht falsch verstanden zu werden, es soll hier nicht behauptet werden, dass die anderen Parteien gerade eine SuperPerformance abgeben. Wer aber kein Problem damit hat, ein Russenknecht zu werden, dem sei an dieser Stelle dringend ein Gespräch mit einem Letten oder einer Estin empfohlen. Und wer sich nach der chinesischen Knute sehnt? Vielleicht muss man das verstehen. Alte deutsche Sehnsucht. Wir hatten ja auch schon einmal Lager … Doch zurück zum 9. Juni. Was Sie wählen sollen, kann ich Ihnen natürlich nicht sagen. Muss ich ja auch gar nicht, denn dieses Land hat so wahnsinnig viele kreative Köpfe, die es jetzt gerade für die Wahlwerbung eingesetzt hat. Also: „Sie haben auch keinerlei Ahnung von Politik, wissen aber wie ein Laternenmast aussieht? Dann einfach mal den Blick nach oben. Da ist sich auch für Sie etwas dabei. Ganz sicher!“ Mir hat’s ja auch geholfen. Wie das?
Eike Käubler