Geneigte Leser*,
haben Sie auch turmhohe Schulden, die kalte, drohende Flosse der Kredit-Haie an der Kehle, jederzeit bereit, noch ein wenig mehr zuzudrücken und sie für immer in den Ruin zu schicken? Sie wissen absolut nicht, wie es weitergehen soll, sind schlaflos, depressiv und Zukunft ist nur ein anderes Wort für Angst? Dann …? Tja dann können Sie sich jetzt entspannen und schon mal ein sehr teures Fläschchen kaltstellen! Denn gleich werden Sie schuldenfrei sein. Und das beste dabei ist, Sie müssen fast gar nichts dafür tun! Lediglich Papier, Stift und Briefumschlag braucht es und los geht das Schreiben an die Kreditabteilung Ihrer Bank: „Sehr geehrte Frau Sowieso, hiermit erkläre ich, dass meine Schulden in Höhe von soundsoviel hunderttausend Euro ab sofort keine Schulden mehr sind, sondern Vermögen!“ Ach ja und hauen Sie gleich noch 100.000 oben drauf, man will ja weiterleben. Die können Sie dann Sondervermögen nennen.
So, okay - und jetzt alle mal aufwachen, das Bundesverfassungsgericht ist am Telefon: „Was klingt wie ein billiger Bauerntrick, ist auch einer!“ 60 Milliarden, die es in der ersten Tasche schon nicht gab, in eine andere zaubern zu wollen und sie dann Vermögen zu nennen, ist wie der Magier, der sein Kaninchen vergessen hat. Auch wenn er es Sonderkaninchen nennt, sein Hut wird leer bleiben. Warum dann aber ausgerechnet hochstudierte Rechts- und Finanzexperten unserer Regierung mit dieser wirklich schlechten Nummer kommen, ist ein Rätsel. Zumal es durchaus Warnungen gab. Aber auch das schaffen wir! Schenken wir uns zu Weihnachten eben Steuererhöhungen. Oder Schuldenbremsen. Auf diesen Fetisch nämlich stehen Deutsche. Oder wie Sascha Lobo sagt: Es scheine, als bremsten wir uns gerade ganz nach vorn. Allerdings: „Wer die Zukunft herbeisparen will, glaubt auch, dass Stehenbleiben der energiesparendste Weg zum Ziel ist.“
Eike Käubler
*Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers.