Geneigte Leser*,
Es scheint mal wieder Redebedarf zu geben: Mit Dirk Oschmanns „Der Osten: eine westdeutsche Erfindung“, Katja Hoyers „Diesseits der Mauer“ und Anne Raabes „Die Möglichkeitvon Glück“ sind in diesen Tagen gleich drei neue DDR-Erklär-Bücher erschienen. Alle auf dem Weg zum Bestsel ler. Das sagt vieles über die Verfasst heit dieses Landes. Nicht unbedingt Schlechtes, denn wenigstens zeigt dies ja, die Gesellschaft kämpft mit in neren Widersprüchen. Was Ost und West angeht, tut sie das aber schon so lang wie erfolglos. Die Vereinigung zweier so unterschiedlicher Gesell schaften wie anno 1990, kann nur ein Kompromiss-Prozess Zweier sein, die aufeinander zugehen. Wie in einer gu ten Ehe. Ist es aber bis heute nicht. Sehr vielen im Osten geht es heute materiell um Welten besser. Sind sie deshalb zufriedener? Ganz und gar nicht. Warum ist das so? Kann es sein, dass Geld doch nicht glücklich macht? Und wäre es für die Ostler wiederum nicht langsam mal an der Zeit, sich zu erinnern, wer da ab Ende ' 89 an der Straße stand und nach NUR die sem Geld rief? Sich ehrlich zu ma chen, sich einzugestehen, dass man ein Beziehungsproblem hat, ist der Anfang einer jeden Paar-Therapie. Der schöne Herr West aber wollte von diesem ganzen Psycho-Mist noch nie etwas wissen und verweigert weiter hin, überhaupt etwas damit zutun zu haben. Und die Ost-Braut? Gräbt sich routiniert in ihrer Opferrolle ein (Schuld sind immer die da oben) und verweigert so auch nur ihren eigenen Therapiebedarf. Stattdessen flirtet sie schamlos und seltsam schmerzfrei mit den kleinen Nazi-Jungs aus der DDR- Provinz. Denn nur so, das hat sie ge lernt, erlangt sie die Aufmerksamkeit des schönen Mister West, der sie aller dings nach wie vor nur peinlich findet mit ihrer Zonen-Frisur und ihrem säch sischen Verlierer-Dialekt. Wie man sieht, es ist kompliziert, aber vielleicht doch der Start in eine Thera pie. Zu wünschen wäre es vor allem denen im Osten, die noch bei Trost sind. Denn geht es so weiter, werden wir hier im Osten bald unser Südstaa ten-Wunder erleben: Komplettes Hö cke-Land! Für Demokraten unerreich bar. Wehret den Anfängen!
Eike Käubler