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Das letzte Wort im Mai hat die Leipziger Komponistin und Geigerin Shir-Ran Yinon, die bei keinen Geringeren als beispielsweise New Model Army, Danger Dan oder Felix Meyer musiziert.
Hallo, Shir-Ran, wenn Sie in diesen Tagen an Leipzig denken, welches Kompliment würden Sie der Stadt und/oder ihren Bewohnern machen?
Die angenehme Atmosphäre und die Vielseitigkeit! Diese Stadt kann fast alles –sie ist eine Großstadt mit vielen Menschen, Action und Schnelllebigkeit, aber sie fühlt sich trotzdem oft übersichtlich und kompakt an. Sie kann klein und fein sein in ihren vielen schönen Vierteln. Oder auch Natur und Ruhe zwischen grünen Parks und kleinen Wäldern bieten. Und so vielseitig und abwechslungsreich wie die Stadt sind auch ihre Menschen und die Kultur.
Welchen Tadel würden Sie der Stadt aussprechen?
Viele Orte in der Stadt sind über öffentliche Verkehrsmittel nur spärlich und sehr umständlich miteinander verbunden. Ich gehe dann oft zu Fuß, aber das ist je nach Wetter und Gepäcklage nicht immer eine Option. Wenn die Fahrt mit dem Auto dreimal so schnell ist, überlegt man sich auch dreimal, ob man es wirklich stehen lässt. Eigentlich schade und in bestimmten Situationen ziemlich ärgerlich. Es gibt sicherlich wichtigere und weitreichendere Themen, aber oft sind es die Kleinigkeiten, die das Leben etwas schöner und angenehmer machen.
Kriege, Klima, Inflation – überall Krisen. Wie gelingt es Ihnen optimistisch zu bleiben?
Ich bin von Natur aus optimistisch. Aber ergänzend dazu die wohl wenig überraschende Antwort: Musik! Mit ihr kann man dem Alltag entfliehen, sich intellektuell und emotional in ganz andere Sphären begeben. Oder auch einfach Trost suchen. Als Komponistin und Instrumentalistin schenkt sie mir gleich zwei Ventile des Ausdrucks für jene Momente, in denen die Worte fehlen. In den letzten Jahren habe ich tatsächlich mehrere Stücke geschrieben, die sich mit solchen Themen beschäftigen. Eines davon heißt sogar „Eine Minute Optimismus“.
Welchen Kulturtipp in oder aus Leipzig würden Sie unbedingt empfehlen?
Alles andere als ein Geheimtipp, aber da es vom 17. bis 20. Mai bevorsteht – das Wave-Gotik-Treffen ist einfach ein Erlebnis, egal ob mit oder ohne Bändchen. Und die ganze Stadt macht mit! Vom Kuchen im Grab-Design beim Bäcker bis hin zu den schwarzen Täfelchen an den Tram-Haltestellen. Wenn ich dort nicht gerade selbst auf der Bühne stehe, liebe ich es, an diesen Tagen durch die Stadt zu laufen. Übrigens ist das Festival musikalisch sehr breit aufgestellt, es gibt sogar eine Klassik-Reihe namens „WGT Musik Kammer“ oder auch rockige Folk- und Mittelalterklänge im Heidnischen Dorf.
So, und jetzt wirklich: Ihr letztes Wort?
Ich nehme mal zwei: Zusammen und zuhören.
Text: Max Feller