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Das letzte Wort im März hat die Leipzigerin Sarah Lesch, die mit ihrem neuen Album „Gute Nachrichten“ (VÖ: 22. März) ihren bisherigen Stil gegen den Strich bürstet. Das Album klingt punkig, rockig und bluesig
Hallo, Sarah, wenn Sie in diesen Tagen an Leipzig denken, welches Kompliment würden Sie der Stadt und/oder ihren Bewohnern machen?
Da muss ich an die mehr als 60.000 Leute denken, die Ende Januar auf dem Marktplatz gegen Rechts demonstriert haben: Ein Gänsehautmoment, da war ich ergriffen, dass ich die Stadt richtig lieb hatte. Ich muss sagen, dass ich es oft schade finde, wie Leipzig von außen wahrgenommen wird, speziell in den alten Bundesländern. Ich erlebe es als Plagwitzerin als richtig schön punk und queer. Ist nur meine Bubble, aber es ist eine feine Bubble. Ich kenne aber überall in Leipzig viele liebe und hilfsbereite Menschen, bin sehr beeindruckt, wie viel sie Fahrrad und Straßenbahn fahren.
Indes, welchen Tadel würden Sie der Stadt aussprechen?
Mir fallen zuerst, aus meiner Erfahrung als Elternteil, leider die Schulen und ihr desolater Zustand ein. Für das dysfunktionale Schulsystem und den Lehrpersonen-Mangel oder die Inhalte der Lehrpläne ist die Stadt zwar nicht direkt zuständig, aber bei Bau- und Sanierungsmaßnahmen, bei der Ausstattung von Schulen, bei der konzeptionellen Begleitung von Hortbetreuung und Ganztagsangeboten und bei der Etablierung unterstützender pädagogischer Angebote sowie bei der Planung von Aktivitäten im Bereich der kultureller Bildung, Sport und Jugendhilfe aber schon. Da sollten wir nicht so nachlässig sein. Denn Chancengleichheit und ein gutes pädagogisches Auffangnetz ist wichtig für Familien und Kinder, die eines Tages mitgestaltende Bürger und Bürgerinnen dieser schönen Stadt werden. Ich würde mir wünschen, dass da mehr getan wird, wir unseren Kindern einen liebevoll gestalteten Lernort bieten können. Wenn ich Bibi Blocksberg wäre, würde ich den Herrn Bürgermeister überreden, in die wunderschöne Eisenbahnstraße lieber eine Familienbegegnungsstätte zu bauen - statt eine große Polizeiwache. Hex, Hex!
Kriege, Klima, Inflation – überall Krisen. Wie gelingt es Ihnen optimistisch zu bleiben?
Ich weiß nicht, ob es in der Menschheit jemals Zeiten ohne Krisen gab. Gerade, wenn ich mich mit der Lyrik aus alten Zeiten beschäftige, fällt mir das immer wieder auf. Das ist erschreckend und tröstlich zugleich: Krisen gab es immer. Was mich rettet, ist mein Beruf, denn ich habe einen, bei dem die Menschen wieder beieinander sind und sich spüren. Loslassen, sich freuen und Dankbarkeit spüren. Gemeinsamkeiten entdecken und beflügelt nach Hause gehen. Das tröstet mich, denn egal wie viele Krisen diese Zeit hat: Wenn wir uns zurückerinnern werden, dann am ehesten an die großen Lieben und die geile Musik, die wir dazu gehört haben.
Welchen Kulturtipp in oder aus Leipzig würden Sie unbedingt empfehlen?
Im „Moini“ im Westwerk in Plagwitz gibt’s ‘ne richtig gute Pizza!
So, und jetzt wirklich: Ihr letztes Wort?
Am 22. März kommt mein neues Album, am 4. Mai spiele ich live mit meiner Band im Anker: Ich wünsche mir, dass alle Leute hinkommen und wir es krachen lassen!
Text: Max Feller