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Das letzte Wort im April hat die Leipzigerin Singersongwriterin Maria Schüritz. Ihr neues Album „Der Lack ist ab“ ist das erste von zwei Schwesteralben, das zweite soll in diesem Sommer veröffentlicht werden. Schüritz präsentiert uns einen luftigen und pulsierenden Soulrock-Sound, der mit gesellschaftsrelevanten Texten und einer Ringelnatz-Vertonung wohl einige Liedermacher-Auszeichnungen abräumen wird
Hallo, Maria Schüritz, wenn Sie in diesen Tagen an Leipzig denken, welches Kompliment würden Sie der Stadt und/oder deren Bewohnern machen?
Es gibt immer etwas Neues zu entdecken, selbst wenn man schon sein Leben lang hier wohnt! Für mich ist kaum etwas schöner, als mit dem Fahrrad oder zu Fuß durch fremde Stadtteile zu flanieren. Es gibt viele engagierte Menschen mit spannenden Ideen und Initiativen, immer wieder neue außergewöhnliche Kulturorte. Außerdem bietet das Umland unendliche Möglichkeiten für Fahrradausflüge. Leipzig ist lebendig, vielfältig, kreativ. Und wird auch immer internationaler, das ist toll.
Und welchen Tadel würden Sie der Stadt aussprechen?
Die Stadt wächst zu schnell und vor allem zu kommerziell. Sie verliert in einem beängstigenden Tempo ihren Charme. Als ich Kind war, lebten hier 150.000 Menschen weniger, Leipzig galt als provinziell. Es war gemütlicher, überschaubarer und bot viel Raum zum Ausprobieren. Momentan wird es nur immer hektischer, großstädtischer und zugeplanter. Aus Freiräumen, Brachen und teilsanierten Fabrikgebäuden werden schicke totsanierte Wohnungen und wir Künstler und Künstlerinnen müssen immer weiter raus, weil wir uns nur noch Randgebiete leisten können. Leipzig schmückt sich zwar gern mit der alternativen Kulturszene, aber genau die wird gerade vom Wachstum massiv verdrängt und eingedampft. Viele überlegen, in welche Stadt es zukünftig gehen soll.
Welche Dinge sind für Sie in Leipzig nach den Corona-Lockdowns spürbar anders geworden?
Die Off-Kultur hat es finanziell meist schwer, weil sie versucht, abseits des Mainstreams innovative, außergewöhnliche, engagierte Kunst zu realisieren. Da nun nach den Lockdowns viele Menschen – dazu zähle auch ich – weniger ausgehen, sind die ohnehin prekär finanzierten Veranstaltungen schlechter besucht, immer öfter nicht mehr realisierbar.
Dennoch, welchen Kulturtipp in oder aus Leipzig würden Sie unbedingt empfehlen?
Den Verein und das Netzwerk „Leipziger Liederszene“. In den 1980er Jahren war die hiesige Liederszene sehr renommiert. Auch die heutige Szene ist außergewöhnlich gut. Seit ein paar Jahren realisieren wir deshalb generationsübergreifende Veranstaltungs-, Vernetzungs- und Workshop-Formate.
So, und jetzt wirklich: Ihr letztes Wort?
Lasst uns genauer hinschauen und nachfragen, bevor wir etwas beurteilen oder gar verurteilen. Hinter die Fassade, unter den Lack!
Text: Mathias Schulze