Das letzte Wort im November hat die Leipziger Musikerin Thea Klar, die gerade ihre neue EP „Willkommen im Wartezimmer zu meiner Therapie“ veröffentlicht hat. Begleitet von Piano-Sound, eigens gespielten Percussions und mal mit Bandbesetzung mit Postrock- und Songwriter-Einflüssen singt sie vom Glück und Unrecht dieser Welt, von der Freude am Unperfekten, von der Wut über das vermeidbare Elend. Songwriter-Pop mit Seele und Tiefgang
Hallo, Thea Klar, wenn Sie in diesen Tagen an Leipzig denken, welches Kompliment würden Sie der Stadt und/oder seinen Bewohnern machen?
Leipzig, du hast die besten Ecken zum Cornern, die schönsten Räume für Kunst und Musik und bist oft ein roter Hafen im blau-schwarzen Sachsen. Ich liebe die Parks, die Seen, die Straßenmusik und dass ständig die Sonne scheint. Es gibt so viel gute Musik und inspirierende Kunst. Nach wie vor gibt es Freiräume, die kreativ und solidarisch genutzt werden, wie etwa zu Jam Sessions oder Küfas (Küche für alle; Anm. d. Red.). Gerade in Zeiten von Unsicher- heiten, wie beispielsweise durch Corona und Krieg, schweißt uns Musik und Kunst als Menschen zusammen und kann uns wichtigen Input abseits von pragmatischen Lösungen geben. Das macht Leipzig schon sehr gut!
Und welchen Tadel würden Sie der Stadt aussprechen?
Es gibt hier zu viel Raum und Plattformen für radikal rechtes Gedankengut. Zu weit verbreitet sind menschenfeindliche Gesinnungen wie Rassismus. Zu laut sind die Demos, die sich gegen Zuwanderung richten. People of Color müssen im Leipziger Alltag noch zu viel Rassismus ertragen.
Welche Dinge sind für Sie in Leipzig nach den (Corona-)Lockdowns spürbar anders geworden?
Nichts, was wir für selbstverständlich gehalten haben, ist selbstverständlich. Das Gefühl nehme ich nach dem Lockdown für mich mit. Ich sauge Konzerte und Kneipenabende auf wie ein Schwamm. Immer in dem Unwissen, ob und wie es im Winter damit weitergeht. Andererseits scheinen viele Leute unsicher zu sein, ob sie sich überhaupt noch auf Konzerte festlegen möchten. Zu oft wurden wohl Konzerte verschoben oder fielen aus. Das macht es für Musiker und Musikerinnen und Veranstaltungsorte schwer zu planen. Überhaupt ging der Lockdown nahtlos über in eine politische und somit auch gesellschaftliche Ungewissheit – Klimafragen, das Unrecht an den europäischen Außengrenzen oder der nahe Krieg in der Ukraine. Damit verbunden immer die Frage, was wir tun können, und das unsichere Gefühl, wie uns diese Situation beeinflusst. Das beschäftigt mich, ich spüre es auch in Gesprächen. Ich hoffe, dass wir uns miteinander solidarisieren und Antworten finden auf die Frage, wie auch geringverdienende Menschen unter uns sich beispielsweise das Heizen leisten können. Ich spüre bei vielen Menschen eine Dankbarkeit für den Frieden und eine Zuversicht, dass wir die wirtschaftlichen Hürden gemeinsam schaffen können. Das finde ich schön. Denn bei all diesen Themen, die im Winter unseren Alltag beeinflussen könnten, finde ich es wichtig festzuhalten: Wir leben in Frieden und das ist nicht selbstverständlich!
Welchen Kulturtipp in oder aus Leipzig würden Sie unbedingt empfehlen?
Bester Trip-Hop von Nola-Musik. Konzerte vom Liedermacher Egisson. Jazzy Vibes von „SYZU“. Shows von „Park + Riot“. Bingo-Abende im Pub „Stoned Leipzig“.
So, und jetzt wirklich: Ihr letztes Wort?
Der Frieden geschieht nicht von selbst, wir müssen dafür einstehen!
Text: Max Feller