Der Schöne, das Biest und der Name der Rose, 8. bis 31. August, Innenhof der Ulrichskirche Halle, alle Termine: kulturreederei.de; Alice im Wunderland, 3. Juli bis 29. August, Mückenschlösschen Leipzig, Termine: www.lola-events.de
„Der Schöne, das Biest und der Name der Rose“ heißt das Sommertheaterstück der Kulturreederei aus Halle. Ein Titel, der Fragen aufwirft. Grund genug, beim Leipziger Schauspieler Manuel Wagner, der das Stück mitgeschrieben hat, nachzufragen
Hallo, Manuel, ein Leipziger beim halleschen Theater Kulturreederei. Das wirft Fragen auf: Was treiben Sie in Leipzig?
Ich lebe dort mit Familie, arbeite seit zehn Jahren als Schauspieler und (Theater-)Autor in der freien Szene und nebenbei in der politischen Bildung – stadtteilbezogene Demokratieförderprojekte. Wann immer es geht bin ich mit der Familie im Alfred-Kunze-Sportpark bei der BSG Chemie Leipzig.
Und wie sind Sie zur Kulturreederei gekommen?
Zur Kulturreederei bin ich 2018 ganz klassisch durch ein Vorsprechen gekommen. Die Arbeit in dem Ensemble unter der Leitung von Anja Jünger und Martin Kreusch finde ich einzigartig. Ich freue mich sehr, Teil dieser Gruppe sein zu können. Für mich stimmt es auf und hinter der Bühne. Wir arbeiten an Stoffen, die ziemlich unkonventionell sind, schaffen es aber trotzdem, zugänglich zu bleiben. Es gibt eine unheimliche Lust, sich auszuprobieren, Ideen einzubringen, immer wieder neue Wege zu finden, Geschichten auf der Bühne zu erzählen.
Die Ankündigung klingt absurd. Frei nach Umberto Ecos „Im Namen der Rose“ und Disneys „Die Schöne und das Biest“ ist ein Open-Air-Theaterstück entstanden. Wie kann man gekonnt diese beiden Stoffe zusammenziehen?
Wir sind für die Idee, die beiden Stoffe zusammenzubringen, nicht ursächlich.
Auch das noch!
Im letzten Jahr haben wir unser Publikum abstimmen lassen. Beide Stücke erhielten gleich viele Stimmen. Als wir das Ergebnis sahen, kamen wir leicht ins Schwitzen, haben aber beschlossen, die Entscheidung zu respektieren. Schnell wurde klar, dass sich durch das Vermengen der beiden Stoffe eine komplett neue Geschichte entwickelt. Die Gegensätzlichkeit der kargen Klosterwelt und der knalligen liebenswerten Disney-Figuren macht das Ganze besonders reizvoll. Herausgekommen ist ein temporeicher, witziger Abend, der nur so absurd ist wie das Leben selbst, das am Ende noch ausgiebig gefeiert wird. „Im Osten hatte ich nie das Gefühl, nur ernst genommen zu werden, wenn ich mindestens zwei BMWs in der Garage stehen habe.“
Zu Ihnen: Über Bayern, nach Linz und zurück nach München. So lesen sich die Stationen Ihrer SchauspielAusbildung. Warum musste es dieser Beruf sein?
Das habe ich mich schon sehr oft gefragt. Als freier Schauspieler zu arbeiten, ist auf den ersten Blick nicht die sinnvollste Entscheidung. Man arbeitet sehr viel, zu unmöglichen Zeiten und verdient damit nicht viel Geld. Ich habe meine Entscheidung, Schauspieler werden zu wollen, recht früh getroffen. Erste Kontakte zum Theater hatte ich im Grundschulalter durch die Schultheatergruppen, in denen meine beiden Geschwister mitgespielt haben. Ich war fasziniert von dieser Welt, in der so viel möglich war, in der sich die Menschen ganz anders verhalten haben, als ich das aus meinem Alltag kannte. Von da an war ich süchtig, habe jede Möglichkeit genutzt, um zu spielen. Später hatte ich das Glück, einen der begehrten Studienplätze für das Fach zu ergattern. Dann war klar, dass der Plan, mein Leben lang Theater zu machen, aufging. Warum sind Sie nach Leipzig gekommen? Ich habe mich bewusst für das Leben im sogenannten Osten entschieden. Ende der 2000er Jahre war ich zum ersten Mal in Dresden und Leipzig. Ich habe mich in die Mentalität der Menschen und in das Lebensgefühl sofort verliebt. Meine Frau ist in Sachsen aufgewachsen, hatte auch große Lust, wieder zurückzuziehen. Als ich nach dem Studium das Angebot bekam, in einem kleinen Theater in der Leipziger Innenstadt zu arbeiten, war das die perfekte Gelegenheit, Nägel mit Köpfen zu machen. Hier ist viel Druck abgefallen, weil ich nicht mehr das Gefühl hatte, nur ernst genommen zu werden, wenn ich mindestens zwei BMWs in der Garage stehen habe.
Die Kulturszene im Osten …
… ist vielfältig, voller kreativer Menschen, die sich auch von schwierigen finanziellen Situation und anderen Widrigkeiten nicht aufhalten lassen, ihr Ding durchziehen. Natürlich bin ich hier für viele der „Wessi“, aber das stört mich nicht. Ich mache meine Identität nicht unbedingt an meiner Herkunft fest. Allerdings blicke ich mit großer Sorge auf die kommenden Wahlen, ich hoffe sehr, dass die Wählenden sich im September für die Demokratie entscheiden und nicht auf rechtspopulistische Hetze hereinfallen.
Wie nehmen Sie Halle und Leipzig wahr?
Beide Städte haben ihren ganz eigenen Stil, sind super spannend. Ich habe oft das Gefühl, dass die Menschen viel mehr mit ihrer Stadt verbunden sind, weil sie in den Jahren nach der Wende vieles aufgebaut und geschaffen haben, was die Städte jeweils geprägt hat. In Halle ist es noch ein wenig gemütlicher und familiärer als in Leipzig, dafür ist Leipzig mit seiner Kiez-Kultur auch auf eine gewisse Art und Weise ziemlich heimelig.
In welchen weiteren Produktionen sind Sie im Juli und in den Folgemonaten zu sehen?
„Der Schöne, das Biest und der Name der Rose“ läuft bis September in Halle, Sangerhausen und Kannawurf. Ab Juli spiele ich mit der „Lola-events.de GbR“ im Mückenschlösschen in Leipzig die Sommertheaterproduktion „Alice im Wunderland“. Ab September spiele ich Franz Kafka in dem Stück „Mein Schatten ist in dieser Welt tatsächlich allzugroß“ im Neuen Schauspiel Leipzig.
Text: Mathias Schulze