Clara Louise, 23. April, Täubchenthal, 20 Uhr, www.claralouise.at
Die Singer/Songwriterin Clara Louise, Jahrgang 1992 und geboren in Rheinland-Pfalz, landete mit ihren selbstveröffentlichten Gedichtbänden mehrmals auf der „Spiegel“-Bestsellerliste. Louise verzahnt Musik und Poesie, indem sie Gedichte innerhalb von Liedern spricht oder Gedichte mit Melodien untermalt. Auf ihrem neuen Album „warm“ sind elf Songs sowie drei vertonte Gedichte zu hören. Melancholie und Hoffnung. Grund genug, bei Louise nachzufragen. Ein Gespräch über das Musikbusiness, über Depressionen und das Lampenfieber
Hallo, Louise, fangen wir ernsthaft an: Das erste Casting gab es mit zwölf Jahren, viele, viele weitere Stationen folgten. Was haben Sie bislang im Musikbusiness an Gutem und Schlechtem erlebt?
Ich habe sowohl gute als auch schlechte Erfahrungen erleben dürfen, die allesamt hilfreich waren, um für mich selbst herauszufinden, wer ich als Musikerin bin, und vor allem auch, was ich nicht möchte. Die wenigen negativen Begegnungen mit ProduzentInnen oder Label-Partnerinnen haben mir im Nachhinein gezeigt, dass ich nicht alles um jeden Preis möchte und dass mir gewisse Bedingungen wie Respekt und Harmonie wichtiger sind, als beispielsweise ein großer Moment im Fernsehen, wenn es hinter den Kulissen unangenehm ist. Ich würde behaupten, dass man dieser Erfahrungen und Erlebnisse wohl in vielen Branchen macht. Insgesamt erinnere ich mich an mehr schöne, als schlechte Momente.
Eine Nachfrage dazu: Gab es Momente, in denen Sie auf Ihr Äußeres reduziert wurden?
Nein, das ist mir selten passiert. Was jedoch öfter vorkommt, ist, dass andere Menschen festlegen möchten, was ich anziehe oder wie ich gestylt werde. Ich musste erst lernen, dass ich das selbst entscheiden darf. Und das ist mir auch sehr wichtig, weil ich eben finde, dass es um so viel mehr geht, als einem gewissen Ideal oder einer Vorstellung zu entsprechen. Ich habe lange Zeit Hüte getragen. Es kommt nicht selten vor, dass ich beispielsweise mit Redakteuren oder Redakteurinnen darüber diskutieren muss, dass ich mich derzeit ohne Hut wohler fühle. Darüber kann ich aber glücklicherweise schmunzeln. „Es passiert nicht selten, dass Menschen im Publikum zu Tränen gerührt sind. Das ist ein besonderes Erlebnis.”
Lassen Sie uns noch ein wenig ernsthaft bleiben: In einem Podcast sprachen Sie über Ihre Depression. Wie geht es Ihnen heute?
Ich bin froh darüber, sagen zu können, dass es mir wirklich gut geht. Ich gehe nach wie vor zur Psychotherapie, aber in größeren Abständen, und kann mir mittlerweile besser selbst helfen. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, Psychologinnen an meiner Seite zu haben, die mir durch diese schweren Zeiten geholfen haben, denn eine Depression ist eine ernstzunehmende Krankheit, die man genauso wenig wie einen akute Gastritis nur mit gutem Zuspruch aus dem Bekanntenkreis heilen kann, obwohl natürlich das soziale Umfeld auch sehr wichtig ist.
Was würden Sie Betroffenen raten?
Ich möchte Betroffenen raten, sich schon früh um Hilfe zu kümmern und sich beraten zu lassen, denn je früher man dran ist, desto schneller kann man auch wieder aufatmen. Außerdem ist das Aushalten enorm wichtig, denn das ist manchmal das Einzige, auf das man zurückgreifen kann, wenn alles andere hoffnungslos erscheint. Ich kann versprechen, dass es immer wieder besser wird!
Fehlt es im öffentlichen Diskurs immer noch an Sensibilität?
In den letzten Jahren höre und lese ich deutlich mehr zum Thema Depressionen als früher noch, jedoch gibt es immer noch Irrtümer, die verbreitet werden und schaden - beispielsweise bezüglich der Medikation. Daher braucht es weiterhin Aufklärung, damit noch mehr Menschen geholfen werden kann.
Sie schreiben Ihre Texte selbst, oder? Gibt es da lyrische und musikalische Vorbilder?
Ja, ich habe schon sehr früh, mit etwa 13 Jahren, begonnen zu schreiben. Damals waren es Gedichte, irgendwann folgten Liedtexte. Es ist mir nach wie vor ein Bedürfnis und ich empfinde es als heilsam. Lyrische Vorbilder gab es nicht, aber vor ein paar Jahren bin ich auf Mascha Kaléko aufmerksam geworden, die ich großartig finde. Musikalisch bin ich am ehesten von amerikanischer Folk- und Country-Musik inspiriert. Die Künstler und Künstleriinnen variieren und ich warte darauf, dass mich etwas berührt. Das kann von Elvis Presley bis hin zu Taylor Swift tatsächlich jede oder jede sein.
Was passiert mit Ihnen, wenn Sie auf einer großen Bühne stehen? Sind Sie süchtig nach dem Rampenlicht?
Nein, süchtig bin ich ganz und gar nicht. Es ist für mich auch immer wieder eine Überwindung, denn ich habe recht großes Lampenfieber. Sobald dieses überwunden ist, kann ich die Zeit mit dem Publikum und meiner Band jedoch sehr genießen. Dann lasse ich mich einfach treiben. Man taucht dann ab in eine ganz eigene Welt und fühlt sich mit allen Menschen im Raum verbunden. Es passiert nicht selten, dass Menschen im Publikum zu Tränen gerührt sind. Das ist ein besonderes Erlebnis. Ich brauche das Rampenlicht aber nicht ständig. Ich kann auch gut für mich im Stillen musizieren.
Welche Erfahrungen haben Sie bislang mit dem Osten Deutschlands gemacht?
Nur positive Erfahrungen! Ich bin bislang tatsächlich nur lieben Menschen begegnet und bewundere die Schönheit der Städte. Ich freue mich immer, in den Osten Deutschlands zu fahren.
Was ist Glück?
Glück bedeutet für mich, mit sich selbst und dem Leben im Reinen zu sein, Liebe zu geben und selbst zu empfinden.
Text: Mathias Schulze