Geneigte Leser*,
alle regen sich übers Gendern auf. Was sich davon durchsetzt? Das wird sich zeigen. Über kurz oder lang. Eine der lustigeren Sprachrevolutionen spielt sich indes an ganz anderer Stelle ab, an der es ebenfalls über kurz oder lang geht: beim Friseur. Und damit Hair-rein-spaziert, liebe Leser! Wie dem generischen Maskulinum geht es nämlich auch dem guten alten Friseur seit geraumer Zeit an den Kragen. Genauer: An den Namen. Denn will der Friseur heute etwas gelten, nennt er sich längst nicht mehr Friseur. Heute gibt er sich kreative Namen. Irgendwas mit „Haar“, „Hair“ oder „Cut“ muss es schon sein. Und da so ein Salon ja keine Kabarettbühne ist, darf man davon ausgehen, dass die das immer Ernst meinen – was dann bisweilen einer gewissen Komik nicht entbehrt. Fangen wir mal behutsam an. Seinen Laden „Frau Tolle“, „Hauptsache“, „Wächst ja wieder“ oder (und an dieser Stelle ein kleiner Tip für die Branche in Halle) „HaarLunke“ zu nennen, ist ganz hübsch, kann es mit der Konkurrenz aber nicht aufnehmen. Zum Beispiel mit der vom romantischen Fach: „Love is in the Hair“ (hach!) oder der Konkurrenz vom komischen. Die nämlich hat so schöne Wort-Spielchen wie „Pony & Clyde“, den „Schädelgärtner“, „Kopfsalat“ oder das so schön naheliegende „Hairvorragend“ aufgelegt. „Vorhair / Nachhair „kann sich darüber hinaus ebenso sehen lassen wie „Zopf oder Kahl“ oder das so schön tröstliche „Wirdschonwieder“, finde ich. Etwas haariger, um im handwerklichen Bilde zu bleiben, wird es hingegen bei so geschmeidigen Wort-Frisuren wie dem „TherHaarpiezentrum“. Zu erreichen ist dieses übrigens am besten in „Hair Jordans“ und per Flug mit der „Hair Force One“. Normalos buchen bitte „Ryan Hair“. Immer noch therapieresistent gegen Wort-Ungeheuer dieser Art? Dann gibt‘s den „Final Cut“. Von wem? „Haar genau“, von „Haarnibal Lector!“ „Haarleluhjah“, mir reicht’s jetzt! Bevor es richtig weh tut, gehe ich in die Frisierbar einen trinken. Und an meinen Kumpel Hermann denken. Wie schade, dass er nicht Friseur geworden ist. Einen Hairmann, den bräuchte es noch.
Eike Käubler