Das letzte Wort im Oktober hat die Schauspielerin und Regisseurin Anna-Karoline Schiela, die mit Leipzig insbesondere über viele kreative Projekte verbunden ist
Hallo, Anna-Karoline, wenn Sie in diesen Tagen an Leipzig denken, welches Kompliment würden Sie der Stadt und/oder ihren Bewohnern machen?
Trotz der Wahlergebnisse bleibt das Leben in Leipzig gesellig und solidarisch. Besonders im Sommer zeigt sich die Stadt von ihrer schönsten und friedlichsten Seite. Die Menschen gehen aus, sind interessiert, zum Genuss bereit. Leider wird das von den Wahlergebnissen konterkariert.
Und welchen Tadel würden Sie der Stadt aussprechen?
Manchmal ärgert mich eine Art Spießertum: Herkömmliches Bürgertum, aber auch die Kunst- und Kulturszene im Leipziger Osten. Die kommt mir manchmal spießig, also langweilig und eindimensional, vor. Leipzig sollte Berlin mit seinen separierten und separierenden Blasen, in denen man sich selbst genug ist, nicht nacheifern.
Kriege, Klima, Inflation – überall Krisen. Wie gelingt es Ihnen, optimistisch zu bleiben?
Vermutlich ist es die Liebe zum Menschen - und das unerschütterliche Interesse daran. Solange die tröstlichen Momente bleiben, bleibt die Hoffnung. Mit dem Älterwerden schwindet die Lust auf Negativismus – und ich kann mich ehrlich freuen. Meiner siebenjährigen Tochter gegenüber fällt es mir manchmal schwerer, authentisch optimistisch zu sein. Dann erinnere ich mich, dass es zu dem Mist auch das Gegenteil gibt. Dann bin ich besser gestimmt, kann mit ihr lachen. Außerdem hilft gegen das Unbegreifliche meist nur eigenes Erleben. Als ich für meine Cammerspiele-Produktion „Nur vom Weltraum aus ist die Erde blau“ mit einer geflüchteten ukrainischen Pianistin zusammenarbeitete, schoben sich unsere Probenthemen vor das Thema „Krieg“. Wir lachten, trotz Sprachbarrieren. Sie erzählte von ihrer Familie, ihrer Heimat, dem Krieg. Ich konnte Fragen stellen, wir konnten das Leid in dem Moment teilen.
Und welchen Kulturtipp in oder aus Leipzig würden Sie unbedingt empfehlen?
Die cammerspiele Leipzig und das Ilses Erika sind Orte, die künstlerisch und menschlich inspirierend bleiben. Die Cammerspiele sind nicht nur ein hervorragender Ort zum Arbeiten – das Stück Magical Mystery wird wieder vom 16. bis 18. Januar im Werk 2 gespielt – , sondern auch zum Sein und Gucken. Nahbar, abwechslungsreich und liebevoll gestaltet sich das Programm. Gleiches gilt für das Ilses Erika, wo gut kuratierte Konzertabende zu humanen Preisen zu erleben sind.
So, und jetzt wirklich: Wie lautet Ihr letztes Wort?
Be nice. Irgendwas wird’s werden. Einen Bogen um die Drogen.
Text: Max Feller