Am 28. Februar diesen Jahres jährte sich zum 100. Mal der Geburtstag des Künstlers und Kulturpolitikers Willi Sitte (1921–2013). Er gehört zu den international bekanntesten Kunstschaffenden der DDR und ist zudem der umstrittenste Vertreter der Kunst dieses untergegangenen Staates. Die Moritzburg Halle würdigt ihn in einer umfassenden Ausstellung
Noch bis 9. Januar 2022 ist die Schau des Kunstmuseums in Verbindung mit dem Dresdner Institut für Kulturstudien in Halle an der Saale zu sehen. Die Retrospektive setzt sich mit dem zwischen den 1930er Jahren und 2005 entstandenen Gesamtwerk Sittes auseinander. Sie liefert erstmals seit 1989 und ohne kulturpolitische Einflussnahme einen umfassenden Überblick über die Entwicklung des Werkes dieses exponiertesten Repräsentanten des Kunst- und Kultursystems der DDR.
Es gibt keinen prädestinierteren Ort als das Kunstmuseum Moritzburg für diese Ausstellung, und überfällig ist sie längst. Zum einen hat Willi Sitte den größten Teil seines Lebens in der Saalestadt verbracht, zum anderen beweist das Museum mit seiner Präsentation „Wege der Moderne. Kunst in Deutschland im 20. Jahrhundert“, wie man mit einer sachlich-objektiven Präsentation erfolgreich zur Auseinandersetzung mit der Kunst in der DDR beitragen kann. Zumal die Beschreibung Sittes allein als Funktionär zu kurz greift: Gern wird übergangen, dass der Maler im Zweiten Weltkrieg als Partisan gegen die Nazis kämpfte, eine Erfahrung, die sicher für sein weiteres Leben prägend sein sollte.
Die Ausstellung erstreckt sich über zwei Ebenen im Westflügel der Moritzburg. Im ersten Obergeschoss findet auf etwa 1.100 Quadratmetern die Vorstellung des Gesamtwerks statt. Der Parcours ist einerseits chronologisch wie auch nach thematischen Gesichtspunkten gegliedert. Einen zentralen Raum nehmen die Werke der 1940er bis 1960er Jahre ein. Das zweite Obergeschoss vereint ein Dutzend der großformatigen Programmbilder des Künstlers der 1950er bis 1980er Jahre. Anhand repräsentativer Werke aus öffentlichen und privaten Sammlungen im In- und Ausland wird Sittes Entwicklung im Sinne des Sozialistischen Realismus wie auch im Widerspruch zu diesem sichtbar.
Die Basis der ausgestellten Werke bilden der eigene Sammlungsbestand, Arbeiten aus dem Nachlass des Künstlers (Foto: Jürgen Domes) sowie Leihgaben aus der Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin und dem Museum der bildenden Künste in Leipzig. Die Schau wird begleitet von einem umfangreichen Beiprogramm.
Text: André Schinkel