Hysteria, 1. bis 3. Dezember, Cammerspiele Leipzig, jeweils 20 Uhr, Tickets: cammerspiele.de
Das Stück „Hysteria“ in den Cammerspielen ist poetisch-feministisches Monolog-Theater. Der Text ist von Clara Fuhrmann und Mona-Bawani Mühlhausen. Die Mythen des weiblichen Körpers. Grund genug, bei der Regisseurin Mühlhausen nachzufragen
Das Stück untersucht Hysterie als potentiellen Unterdrückungsmechanismus für Frauen. Damit ist nicht nur ein historischer Rückblick gemeint, oder?
Die Hysterie existiert heute zum Glück als Krankheit offiziell nicht mehr. Die Tatsache, dass Menschen pathologisiert, als „krank“ gelesen werden, weil sie nicht der Norm entsprechen, jedoch schon. Das Stück versucht diesen gesellschaftlichen Mechanismus zu entlarven und damit auch die Fragen ins Jetzt zu rücken: Wen oder Was bezeichnen wir heute zu Unrecht als krank? Sind „Krankheiten“ teilweise eigentlich Antworten auf gesellschaftliche Verhältnisse?
Zudem will das Stück „nach einem feministischen Umgang mit der Geschichtsschreibung“ suchen. Können Sie das bitte genauer erklären?
Unsere heutige, feministische Perspektive als junge Frauen im Jahr 2022 prägt die Art, wie wir die historisch-medizinischen Texte lesen. Mit dieser „Brille“ auf der Nase sind wir kritischer, hinterfragen die Autoren und suchen danach, ob sich das Phänomen der Hysterie auch anders lesen und verstehen lässt, als in den Texten dargelegt. Wir nehmen Geschichte nicht als gegeben an, sondern glauben, dass wir mit neuen Perspektiven immer wieder Neues in ihr entdecken und daraus lernen können.
Ein feministischer Umgang mit Geschichtsschreibung …
… heißt für uns auch verschiedene, nebeneinander existierende Interpretationen des Phänomens der Hysterie anzubieten. Wir wollen eine damals als hysterisch-krank gelabelte Frau einerseits als Opfer einer patriarchalen Gesellschaftsordnung verstehen und sie uns im nächsten Moment als geniale Nutznießerin einer absurden Diagnose vorstellen. Hat die Diagnose vielleicht weiblichen Protest klein gehalten, ihn pathologisiert? Welche Freiräume hat die Diagnose manchen Betroffenen aber auch eröffnet?
Auf welche Ästhetik darf man sich freuen?
Das Thema bietet hier die Vorlage: der weibliche Körper – einerseits als „schön“ bezeichnet – andererseits als „eklig“, mit seinem Schleim und dem Blut. So ist auch die Ästhetik. Schön, eklig und grotesk zugleich versuchen wir diese Zuschreibungen zu hinterfragen.
Worauf muss man als Regisseurin besonders achten, wenn es sich um ein Monolog-Theater handelt?
Im Monolog-Theater erschafft die Schauspielerin alleine in einem Raum eine ganze Geschichte, mit verschiedenen Figuren, Räumen und Nebengeschichten. Beim Inszenieren achte ich darauf, dass die künstlerischen Mittel sie dabei immer gut unterstützen.
Text: Max Feller