„Zettel, Schnaps & Gäste – Musik und Talk mit Felix Meyer und Julia Hemmerling“, 18. März, Horns Erben, 20 Uhr
„Zettel, Schnaps & Gäste – Musik und Talk mit Felix Meyer und Julia Hemmerling“ heißt eine Veranstaltung, die am 18. März im Horns Erben stattfinden wird. Worum geht es? Wir haben bei der freien Journalistin, MDR-Kultur-Radio-moderatorin und Sprecherin Julia Hemmerling nachgefragt
Hallo, Julia, lassen Sie uns über den Ansatz Ihrer Show sprechen: Liedermacher Deutschlands sollen mit Ihnen über „die großen Themen unserer Zeit“ sprechen. Mit welchen realistischen Erwartungen gehen Sie in diese Gespräche? Wo liegt das gesellschaftliche Potenzial, das Künstler mit ihrem Blickwinkel liefern können?
Wir haben überlegt, ob wir Politiker und Politikerinnen anfragen. So hätten wir aber meist eine – sagen wir – eher zielorientierte Meinung in der Runde. Ich würde es nicht ausschließen, aber vorerst wollen wir Leute, die keine Werbung für ihre Meinung machen müssen. Die Liedermacher sind unter den Künstlern eine eigene Gruppe.
Inwiefern?
Die Tradition der Liedermacher ist es, die gesellschaftlichen Themen unserer Zeit zu sezieren und zu spiegeln. Wie zum Beispiel denkt Max Prosa über Freiheit nach? Er hat beispielsweise Lieder wie „Flügel aus Beton“ geschrieben. Wie denkt ein Wenzel über diktatorische Züge in demokratischen Systemen nach? Felix Meyer und ich finden die Vorstellung gut, nicht nur mit dem Kopf über Wohnungsmangel oder gesellschaftliche Verbitterung zu sprechen. Alles, was uns umgibt, ist intellektuell alleine gar nicht zu fassen. Etwas Musik, auch mal ein spielerischer Zugang zwischendurch, verhindern Hirnkrämpfe und geben Sauerstoff in die Denke. Die Theatergruppe „Adolf Südknecht“ wird auch ihren Anteil dran haben.
Soll die Veranstaltung eine neue Reihe werden? Welche Bedingungen müssten dabei erfüllt werden?
Ob die Veranstaltung zu einer Reihe wird, hängt alleine vom schnöden Mammon ab. Wir finanzieren den Abend mit wenigen Eintrittstickets unserer LiveZuschauerinnen und werden während der Sendung zum Spenden aufrufen. Rund herum arbeitet ein Team aus Ton- und Bildregie, außerdem haben wir eine Regie für den Stream.
Das heißt?
Nach den beiden ersten Abenden werden wir entscheiden, ob wir uns uns selbst leisten können oder nicht. Ich bin sehr froh, dankbar und begeistert, dass es dieses Team aus Horns Erben und anderen gibt, die einfach mal wieder was ausprobieren wollen. Klar, das Ganze soll nicht in Selbstausbeutung münden. Ich denke, Talk und Musik passen sehr gut nach Leipzig und in die Fangemeinden der einzelnen Akteure. Das könnte sich sehr schön entwickeln. Wir haben jedenfalls Bock.
Lassen Sie uns über Ihren Job sprechen: Es gibt Menschen, die behaupten, Sie gehören zur „Lügenpresse“. Was antworten Sie denen?
Ich frage sie meist, wann sie mich denn das letzte Mal im Radio gehört haben. Wenn sich ehrliches Interesse abzeichnet, ein Gespräch zu führen, erzähle ich aus meinem Alltag, frage aber auch gerne, was diejenigen Leute dazu bewegt hat, so zu denken. Über einige Medienerzeugnisse ärgere ich mich ja auch. Ich denke, das ist auch normal. Auch im Gesundheitssystem gibt es Schäden, im Rechtswesen, überall. Nur dass Verbitterung und Hass gegen Systeme dann im Einzelgespräch meist die Falschen treffen.
Wie kann man sich so eine Durchschnittsarbeitswoche, also Ihren Redaktionsalltag, vorstellen?
Wir Moderatorinnen sind alle Freie. Das heißt auch, wir arbeiten im Wechselschichtsystem. Eine Primetime von sechs bis neun Uhr morgens etwa wird am Nachmittag und Abend zuvor vorbereitet. Oft gibt es bei uns bei schwierigen Themen wie Ukraine oder Corona hitzige Auseinandersetzungen. Da jeden Tag wieder neutral aufeinander zuzugehen, ist dann unser Job. Als etwa der Krieg in der Ukraine ausgebrochen ist, habe ich mehrfach am Tag mit meinem Fachredakteur gesprochen, es tauchten immer wieder neue Fragen auf. So etwas ist unbezahlbar und darf auf keinen Fall weggekürzt werden. Wenn die Themen entschieden, die Gesprächspartnerinnen zugesagt haben, dann mach ich mir für die Livesendung meine Stichpunkte. Halb sechs morgens im Sendestudio steht dann erst einmal ein großer Kaffee in einer Art Suppenschüssel, auf der steht entweder Tomatensuppe oder Gulasch geschrieben. Am Boden dieser Suppentasse angekommen, kann ich denken, Live-Gespräche führen, Musik liebhaben. Hinter der einen Scheibe sitzt mein Techniker, hinter der anderen meine Assistentin, ein paar Meter weiter der Redakteur für die Kulturnachrichten. Da davon alle frei im Schichtdienst arbeiten, ist die Crew auch jedes Mal neu. Ich liebe das, immer mit anderen Leuten zu arbeiten. Diese gesamte Redaktion mach mir große Freude.
Sie haben auch eigene künstlerische Projekte. Erzählen Sie!
Ich habe seit 14 Jahren eine Funk- und Popband: Nils Parkinson. Wir schreiben alle drei Jahre absolute Hit-Kracher, die dafür da sind, durch die Decke zu gehen. Wir richten uns also seit etwa zwölf Jahren darauf ein, unsere alten Berufe an den Nagel zu hängen. Naja, wir warten noch. Jetzt gerade haben wir einen guten Lauf, unsere Spielstätten sind mitunter ausverkauft.
Warum jetzt?
Ich weiß es nicht. Aber jedes Mal kocht der Saal und es macht unfassbar viel Spaß. Zumal die Jungs zu meinen ältesten Freunden gehören. Gut fürs Publikum: Die Größe des Publikums entscheidet nicht über den Fortgang der Band. Wir spielen, bis wir tot umfallen. Also, kommt oder kommt nicht, beispielsweise am 5. April ins „BasaMo Insel“ Leipzig oder am 3. Mai aufs Dorffest in Mühlbeck bei Bitterfeld. Wir freuen uns über jeden!
Text: Mathias Schulze