The Movie – Improtheater, vom 17. bis zum 21. Juli, Hof der Feinkost, jeweils 19 Uhr, alle Infos unter www.knalltheater.de
Susanne Bolf ist, so darf man sagen, eine Leipziger Legende. Als Improvisateurin hat sie beispielsweise bei der „Theaterturbine“ und bei „Adolf Südknecht – Die Seifenoper-Improschau“ Geschichte geschrieben. Auch zahlreiche Sommertheaterproduktionen profitierten von ihrer Schauspielkunst. Nun spielt Susanne Bolf zusammen mit Larsen Sechert und anderen Gästen im schönen Hof der Feinkost das Sommervergnügen „The Movie – Improtheater“. Grund genug, bei ihr nachzufragen
Hallo, Susanne Bolf, ich habe Sie nicht in den sozialen Netzwerken gefunden. Warum?
Ich habe mich vor einigen Jahren aus den sozialen Netzwerken zurückgezogen, also von Facebook – auf anderen Plattformen war ich eh nicht vertreten. Es ging viel Zeit flöten, wenn ich dort – meistens aus Langeweile – hängenblieb. Und die Inhalte trugen meist nicht zu meinem Geistesfrieden bei. So ist mehr Ruhe eingekehrt, das tut mir gut.
Was treiben Sie denn gerade so?
Ich improvisiere immer noch gern, hauptsächlich bei „Theatersport Berlin“, das macht großen Spaß. Die „Adolf-Südknecht-Improschau“ liegt mir ebenfalls sehr am Herzen. Ein kleines und feines Leipziger Impro-Ensemble, das seit mehr als zehn Jahren eine Seifenoper durch die Zeitläufte hindurch improvisiert. Wir haben in den 1920er Jahren angefangen und sind mittlerweile im Jahr 1968 angelangt. Solo-Impro ist ein weiteres Steckenpferd. Da hätte ich mich vor ein paar Jahren noch nicht getraut, jetzt habe ich gute Erfahrungen damit gemacht.
Schauen wir in den Rückspiegel: Seit wann genau sind Sie in Leipzig?
Ich kam 1995 nach Leipzig. Die Freie Szene wurde ab 2003 meine künstlerische Heimat. Da öffneten sich viele Türen, wenn man einmal drin war. Man kannte sich untereinander, hatte sich schon mal bei der Arbeit gesehen, das führte dann oft zum nächsten Job.
Welche Veränderungen haben Sie seitdem in der Leipziger Szene wahrgenommen?
In meiner Wahrnehmung wurde die Leipziger Szene seit Mitte der 90er Jahre immer bunter und vielfältiger. Man konnte qualitativ hochwertige Aufführungen aller Couleur genießen, Innovatives und Freches, handwerklich und ästhetisch Ansprechendes an vielerlei, auch kleineren Spielorten. Freischaffend zu sein, war eine Wahl, keine Not. Sie ging einher mit künstlerischer Freiheit, „kurzen Dienstwegen“ und einem Geist der Gleichberechtigung im jeweiligen temporären Ensemble, bei dem jede Stimme gehört wurde. Ich habe an einigen Stückentwicklungen teilhaben dürfen, mir haben daran immer die gemeinsame kreative Arbeit und die flachen Hierarchien gefallen. Ich bin der Überzeugung, dass der künstlerische Ausdruckswille etwas zutiefst Menschliches ist und immer wieder aufkeimen wird, so nehme ich auch das Wiederaufblühen der Theaterlandschaft nach den Corona-Lockdowns wahr. Und das höre ich auch von meinen Kollegen und Kolleginnen.
Wie nehmen Sie die Freie Szene heute wahr?
Inhaltlich möchte ich mich zur aktuellen Szenelandschaft nicht äußern, dazu habe ich mir in letzter Zeit zu wenig angesehen. Da möchte ich mir kein Urteil erlauben.
Sind die Corona-Lockdowns noch spürbar?
Wir waren für einige Zeit genötigt, uns eher am Schreibtisch mit unserer Kunst zu befassen, jetzt wird wieder drauflos gespielt mit neuer, beziehungsweise ungebrochener Ausdrucksfreude. Seit Corona bin ich viel weniger „draußen“ unterwegs – es sind bei mir persönlich andere Aktivitäten beziehungsweise Nicht-Aktivitäten in den Vordergrund gerückt. Ich lebe stiller, meditiere beispielsweise viel oder bin im Garten. Von den Zuschauerzahlen her hat es lange gedauert, bis die Säle wieder so gut gefüllt waren wie vor Corona, auch nach Aufhebung der Beschränkungen. Eine weitere Folge der Veränderung: Die Buchungsanfragen kommen kurzfristiger. Früher wurde oft ein oder anderthalb Jahre im Voraus geplant, sowohl bei uns Theaterschaffenden als auch von Auftraggeberseite. Jetzt kommt es vor, dass eine Firma anfragt, ob wir nächste Woche nach, sagen wir, Dresden fahren und dort zum Jubiläum spielen können. Vermutlich eine Folge davon, dass während der Corona-Zeit häufig lange im Voraus vereinbarte Veranstaltungen ganz kurzfristig abgesagt werden mussten, das hat Spuren hinterlassen.
Im Juli werden Sie zusammen mit Larsen Sechert das Feinkost-Sommertheater namens „The Movie – Improtheater“ spielen. Was erwartet uns da?
Hoffentlich ein sehr kurzweiliges Spontan-Theater! Wir improvisieren jeden Abend einen Spielfilm. Das Publikum bestimmt das Genre. Egal, ob Liebesschnulze, Actionfilm, Western, Film Noir oder Bollywood-Epos – eine kurze Abstimmung und wir legen los. Larsen Sechert schätze ich als Kollegen sehr, er spielt sehr körperlich und hat eine ganz eigene Komik. Alles, was das Kino zu bieten hat, wird nach Herzenslust eingebaut: Split Screens und abenteuerliche Kamerafahrten, Zeitlupe, Spezialeffekte, rasante Schnitte und ergreifende Nahaufnahmen – vielleicht eine Träne, die langsam eine Wange hinabrinnt. Also, Oscarreife Momente und Outtakes von Szenen, die es leider nicht bis in die Endfassung geschafft haben. Ich freu’ mich drauf! Das vollständige Interview findet man auf www.facebook.com/Frizz-Leipzig
Text: Mathias Schulze