Was ihr wollt, am 10. Januar um 19.30 Uhr, am 4. Mai um 16 Uhr und am 30. Mai um 19 Uhr, Anhaltisches Theater Dessau, Tickets: www.anhaltisches-theater.de
Eine Komödie um Schein und Sein. Das Anhaltische Theater Dessau stellt Shakespeares „Was ihr wollt“ auf die große Bühne
Ein bedrohliches Gewitter, ein sinkendes Schiff. Als der Vorhang aufgeht, sehen wir die Größe der Bühne und des Ozeans, der die Schiffbrüchigen vermutlich verschlucken wird. Hilflos baumeln die Zwillinge Viola (Mona Georgia Müller) und Sebastian (Edgar Sproß) von der Decke. Ein wuchtiger Einstieg mit Wow-Effekt. Viola und Sebastian überleben, stranden in einem fremden Land, in Illyrien, der Name markiert das Künstliche diese Welt. Wie füllt Shakespeares Stück, das um 1601 entstanden ist, wie füllt die Inszenierung von Robin Telfer diese entworfene Spielwiese? Im Hintergrund beeindruckt ein roter Samtvorhang, antike Säulen rechts, ein guter Live-Musiker (David Leonard Neumann) links, eine Palme in der Mitte, farbenprächtige Kostüme, aristokratische Insignien und seelentröstende Natur. Ein Paradies für die Oberschicht? Jan-Eric Meier spielt den Herzog Orsino, der vorgibt, die Gräfin Olivia zu lieben, als narzisstischen Springinsfeld - seine Schwärmerei gilt vor allem sich selbst, der Idee des Verliebtseins. Maribel Dente spielt die Gräfin Olivia, die vorgibt, nur um ihren verstorbenen Bruder zu trauern, als eng zugeknöpfte Hoheit, deren Begierden wollüstiger im Geheimen lodern. Doch die Masken werden fallen! Das gilt nicht nur für Orsino und Olivia. Hin zum wahren Ich? Einmal zischt dieses Zitat durch den Saal: „Ganz sicher spielst du dich, wenn du es bist!“ Diese Sprache! Gut, dass sie so viel Raum bekommt, man kann sich in sie verlieben. Aber wo liegt diese vermaledeite wahre Identität? Wie steht es um das biologische und soziale Geschlecht? Irrungen und Wirrungen, geschlechtliche Uneindeutigkeiten und Täuschungen. Der Plot soll nicht verraten werden, entscheidend ist der Theater-Spiegel, der spielfreudig und witzig entrollt wird. Ein klassischer Theaterabend, der sich auf ein spielfreudiges Ensemble, auf das opulente Bühnenbild, auf atmosphärische Live-Musik, auf Shakespeares Sprache und auf ein raffiniertes Imaginieren eines vermeidlich glücklichen Endes verlassen kann. Man folgt den mehr als zwei Stunden aufmerksam, fällt in eine Geschichte, die theatralisch unaufgeregt erzählt wird. Und staunt am Ende über eine gelungene Subtilität, die es schafft, ernsthafte Themen im Gewand der Komödie an und in die eigene Seele zu legen. Shakespeare eben.
Text: Mathias Schulze