Rainald Grebe und Fortuna Ehrenfeld, 27. August, Parkbühne Clara-Zetkin Park Leipzig, 20 Uhr, alle Tourdaten: antispecht.de/fortuna
„Warum kratzen Sie sich am Sack?“
Die „Rückkehr zur Normalität“ heißt das neue Album der Kölner Band Fortuna Ehrenfeld. Soul, Pop, Dance und Punk, Martin Bechlers Texte perlen zwischen Stammtisch und Philosophiekurs. Weil Bechler auch Rainald Grebes Album “Popmusik” produziert hat, kommt es in Leipzig zur gemeinsamen Sause, weshalb wir mal bei Bechler nachgefragt haben
Man kennt Sie als kreativen Kopf von Fortuna Ehrenfeld. Vorher gab es ein längeres Leben hinter dem Rampenlicht. Was haben Sie denn da alles gemacht?
Kaffee, Tee, Schnittchen.
Was war der entscheidende Punkt, der Sie mit Ende 40 dann doch in die größere Öffentlichkeit führte?
Ich war der Ansicht, dass ich aufgrund meiner intensiven Erfahrungen in so ziemlich allen Bereichen der quergelutschten Medienindustrie einen prall gefüllten Werkzeugkoffer mit mir rumtrage, den ich eigentlich nur noch öffnen und benutzen muss. War dann auch so.
Mir fällt grad kein originellerer deutscher Liedtexter als Martin Bechler ein. Was ist das Geheimnis Ihrer Kreativität?
Danke für die Blumen. Das Geheimnis ist gar keines: Angstfreiheit. Ich begegne meiner Kunst absolut angstfrei und mit Lust und Wonne, nie aber mit Angst und Krampf. Man muss die Dinge, die einem aus dem Kopf fallen, einfach mal so stehen lassen – egal wie surreal sie am Anfang erscheinen. Dann wartet man eine Weile und schaut sich das noch mal an und plötzlich ist aus einem Haufen Brainfuck ein liebevolles Bild geworden. Probieren Sie es! Sagen sie so lange „Krododilswürfelbanane“ hintereinander, bis ihnen schwindelig wird und plötzlich macht es Sinn. Versprochen!
Wird ausprobiert! Warum hat das so lange gedauert, bis Fortuna Ehrenfeld auch im Osten spielt? Erkennen Sie noch eine Mauer im Kopf?
Nein. Ich scheiß auf die alte „Mauer-Denke“. Wir hocken halt hier im Westen und je weiter es von zu Hause weggeht, desto dünner werden die Kontakte. Das ist eine geographische, unschöne Wahrheit. Wir sind eine junge Band, das dauert halt ein wenig. Wir arbeiten dran. Meine Mutter ist in Chemnitz geboren. Ich bin ein Ost-Fan. Die alte bekackte Wessi-Arroganz ist heute kein bisschen weniger peinlich als 1990.
Können Sie sich an eine Kritik erinnern, die Ihre Musik präzise getroffen hat?
In Leipzig haben wir unseren ersten Totalveriss bekommen, als wir in der Moritzbastei gespielt haben. Na endlich mal, habe ich damals gedacht. Ich mag Reibung. Ich mag es, wenn Leute unser Zeug nicht mögen. Dann wissen wir, dass wir alles richtig gemacht haben. Wenn die Theater voll sind, aber die Bourgeoisie poltert, ist meine Welt so ziemlich in Ordnung.
Warum tragen Sie auf der Bühne einen Schlafanzug?
Warum kratzen Sie sich am Sack?
Text: Mathias Schulze