Izabella Effenberg – Impressionen in Colours, 11. Mai, Händel-Halle, 19.30 Uhr, Tickets: www.womeninjazz.de und www.izabella-effenberg.com
Izabella Effenberg hat letztes Jahr den Next Generation Award beim „Women in Jazz“-Festival in Halle gewonnen. Dieses Jahr kommt sie mit ihrem neuen Projekt in die Händel-Halle. Das FRIZZ-Magazin hat die Multiinstrumentalistin zum Gespräch gebeten
Der Gewinn des Wettbewerbes „Next Generation“ beschert Ihnen dieses Jahr die Möglichkeit beim Women in Jazz-Festival live aufzutreten. Wie lief der Wettbewerb 2020 ab?
Das Publikum durfte damals abstimmen. Ich muss noch einmal sagen, dass der digital durchgeführte Wettbewerb eine tolle Idee vom Veranstalter Ulf Herden war. Ich war damals gerade frisch im Lockdown angekommen und Ulf Herden war der erste Mensch, der mir wieder grünes Licht für meine Kunst gab. Eingereicht hatte ich mein vorletztes Konzert vor dem Lockdown, es war eine Aufnahme vom 7. Februar. Es war ein Konzert, das ich in Polen gespielt habe.
Sie kommen ursprünglich aus Polen, wohnen heute in Nürnberg, wo Sie auch ein jährliches Vibraphon-Festival ins Leben gerufen haben. Sehen Sie sich, wie oft medial behauptet, als Botschafterin des Vibraphons?
Ich sehe mich als Multiinstrumentalistin. Mein neues Projekt, das ich in Halle vorstellen werde und das auch gerade als Album aufgenommen wird, arbeitet neben Klavier und Harfe mit solchen besonderen Instrumenten wie Glasharfe, Array Mbira, singende Säge, Steeldrum, Crotales oder Waterphone. So etwas ist natürlich im Jazz absolut selten. Wenn man so will, bin ich eine Botschafterin der Instrumente. Ich will den Menschen zeigen, dass diese Instrumente es wert sind, entdeckt zu werden, dass es Klänge gibt, die man noch nie gehört. Wenn man so will, bin ich eine Klangweltenentdeckerin.
Wie entdeckt man denn neue Klänge?
Ich habe die Instrumente über die Jahre daheim angesammelt. Ich probiere viel herum: Was passiert, wenn man einen Klang verlängert? Was passiert, wenn man dies und das vibrieren lässt? Was passiert, wenn man Instrumente in neue Kontexte, in Jazz und Klassik, einsetzt? Wohin führen diese Wege? Dieses Experimentieren, dieses aus dem Bauch heraus spielen, ist meine Leidenschaft. Das ist immer auch eine Exkursion ins Unbekannte. Ich liebe es, etwas kreativ neu zur Welt zu bringen. Ich kann nicht anders, in genau diesen Weg habe ich schon viel investiert. Man kann es mit dem Kochen einer neuen Suppe, mit dem immer neuen Mischen diverser Zutaten, vergleichen.
Woran erkennen Sie, dass die Suppe schmeckt? Woran erkennen Sie, dass Sie hörenswerte Klangwelten geschaffen haben?
Das ist eine sehr gute, aber auch eine sehr schwierige Frage. Zuerst einmal sind da natürlich die Reaktionen meiner Kollegen. Und dann ist da mein Gefühl. Ich riskiere auch gern etwas, stelle die neuen Dinge den Leuten auch gerne auf den Konzerten vor. Entscheidend ist dabei immer, dass es nicht nur um einen Wohlklang und um schöne Harmonie geht.
Sondern?
Die Menschen möchten bei Live- Konzerten mitgenommen werden, ich möchte mit ihnen in gewisser Weise sprechen, ihnen in die Augen schauen. Während meiner Konzerte erzähle ich mit meiner Musik Geschichten. Es sind Geschichten über bislang unbekannte Instrumente, über bislang unbekannte Kulturen und Musikerfahrungen. Erzähle ich diese Geschichten gut, wird das Publikum mitgenommen, dann ist es ein gutes Konzert. Diese Aura ist wesentlich mehr als nur die Summe aller Klänge. Während des Konzertes in Halle wird die polnisch-japanische Sängerin Yumi Ito, die gerade die Schweizer Jazzszene im Sturm erobert, eine ganz wichtige Rolle spielen. Wir werden zusammen mit Anton Mangold, Jochen Pfister und Bodek Janke im Kollektiv experimentieren.
Als gebürtige Polin werden Sie bestimmt oft um einen Kommentar zur PiS-Partei, zu den Verhältnissen in Ihrem Heimatland gebeten.
Die politischen Verhältnisse in Polen sind krass und kunstfeindlich. Als ich nach Deutschland kam, war es für mich sehr schwer. Meine Sprachkenntnisse waren schlecht, ich hatte nicht viel Geld. Aber ich habe Unterstützung für meine Ideen erfahren. Hier mal ein Stipendium, dort mal einen kleinen Job, da mal die Hilfe von Partnern und Kunstliebhabern. In Polen werden die freien Künstler kaum bis gar nicht unterstützt. Klar, in Deutschland fallen jetzt auch viele Künstler durch die Corona- Hilfen. Aber in Polen sieht die Lage noch schlechter aus.
Können Sie das an Beispielen erläutern?
Ich sage es ganz generell. Ich bin katholisch aufgewachsen, aber das, was die illiberale PiS-Regierung so macht, ist krass und hat mit dem katholischem Glauben nichts zu tun. Und ich sage noch etwas ganz generell: Denke ich über all die Probleme der Welt nach, will ich sofort zu meinen Instrumenten greifen. Momentan ist es wirklich schwierig. Und Corona gibt es auch noch.
Wie sehen Ihre Corona-Erfahrungen aus?
Schlimm ist diese Planungsunsicherheit. Warum dürfen wir gerade keine Veranstaltungen mit außerordentlich ausgetüftelten Co-rona-Schutzmaßnahmen spielen? Wann darf ich wieder auftreten? Keiner weiß es, keiner kann es sagen. Lohnt sich eine Planung, die ja immer auch mehrere Kollegen mit ihren Familien unter einen Hut bringen muss? Es gibt diesen Druck am Ball bleiben zu müssen. Und genau dieser Druck prallt auf eine absolute Planungsunsicherheit. Das ist fürchterlich.
Text: Mathias Schulze