21. Juli, Seeklang-Festival Leipzig, Wasserstraße 18, 20 Uhr, www.goerdamusic.com
„Man mag ihre Musik von Sekunde null an nur aufsaugen”, schrieb die Local-Heroes-Jury, die die Leipzigerinnen Sophia Günst und Annelie Weißel im letzten Jahr ausgezeichnet hat. Jetzt kommt das Duo mit einer traumschönen Mischung aus Jazz, Pop und Singer-Songwriting in die Volksbühne am Kaulenberg. Wir haben die beiden zum Vorabgespräch getroffen
Habe ich das richtig verstanden, dass das Duo Görda während eines gemeinsamen Urlaubes in Neuseeland entstanden ist?
Weißel: Wir haben zusammen nach dem Abi für ein paar Monate Work & Travel gemacht. In Neuseeland haben wir uns einen kleinen PKW gekauft, den wir auch als Haus und Bett nutzten. Anfangs haben wir unser Geld mit Erntehilfejobs auf dem Erdbeerfeld und in den Weinbergen verdient. Als wir dann mal wieder auf der Suche nach einem neuen Job waren, brauchten wir eine Alternative. So schnappten wir uns im nächsten Musikladen eine kleine Gitarre, meine Flöte hatte ich dabei. Mit Straßenmusik konnten wir unsere Reise finanzieren, ganz nach dem Motto: Von der Hand in den Mund.
Bevor klamme Urlauber auf gewisse Ideen kommen: Sie haben schon vorher musiziert?
Ja, wir haben schon vorher zusammen in allen möglichen Formationen – Big-Band, Jazz-Combo, Orchester – Musik gespielt. Die Musik verbindet uns schon sehr lange, ist fester Teil unserer Freundschaft. Im Januar diesen Jahres sind wir in Leipzig sogar zusammengezogen und haben jetzt ein Wohnzimmer, das oft in Proberaum oder Home-Studio verwandelt wird. Aber so ist in Neuseeland das Duo-Spiel entstanden.
Welche musikalische Philosophie würden Sie formulieren?
Günst: Die Texte kommen meist von mir. Ich liebe Sprache und Poesie und mag damit spielen. Ich freue mich immer sehr, wenn ich gute Gedichte oder Bücher lese und Songtexte höre, die nicht nach Baukasten-Schema zusammengesetzt sind, sondern neue Bilder finden, witzig sind, vielleicht gewagt, und ihre eigene Sprache und Ausstrahlung haben. Das versuche ich auch in meinen eigenen Texten umzusetzen. Außerdem werden deutsche Songtexte häufig als schlagerhaft, kitschig oder peinlich wahrgenommen. Ich finde es eine gute Herausforderung, diesem Narrativ etwas entgegenzusetzen. Es ist schön, wenn Menschen sich in den Texten und der Musik wiederfinden können, sich verstanden, verbunden und stark fühlen. Es ist schön, wenn auf den Konzerten ein Raum entsteht, der Menschen inspiriert, in sich einzutauchen und zum Beispiel eine Veränderung anzugehen. Außerdem ist es uns wichtig, immer die Musik zu machen, die uns gerade begeistert, uns Spaß macht und unserem Anspruch gerecht wird, statt uns von Genregrenzen, Trends oder Verkaufsmöglichkeiten ablenken zu lassen.
In den sozialen Netzwerken habe ich ein Bild von der Ausstellung „Femmage“ gefunden. Auch Sie haben dort über ihre Erfahrungen in der Musikbranche gesprochen.
Günst: Das ist ein Thema, mit dem wir uns aus gegebenem Anlass viel beschäftigen. Natürlich bestimmen patriarchale Strukturen auch die gesamte Musikbranche. Es gibt zig mutmaßliche sowie erforschte Gründe, warum die Szene auf und hinter der Bühne mehrheitlich cis-männlich ist. Die alle aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen, aber es gibt sehr gute Interessenverbände wie zum Beispiel „Music Women* Germany“ oder eben auch die Texte aus der „Femmage“-Ausstellung, wo man sich ausgiebig über das Thema informieren kann.
Können Sie ein paar persönliche Erfahrungen erzählen?
Günst: Als Frau auf einer Bühne werden andere Erwartungen an dein Aussehen gestellt. Das Optische wird bei mir mehr beurteilt, als bei meinen männlichen Kollegen – und im Extremfall auch mehr, als das Musikalische. Damit einhergehend lerne ich, dass Frauen mit zunehmendem Alter auf Bühnen immer weniger gern gesehen werden, was meine Karriere unter einen ganz anderen zeitlichen Druck setzt, als die eines Mannes. Als Frau wird einem auch musikalisch oft weniger zugetraut, weshalb ich das Gefühl habe, alles besonders gut oder richtig machen zu müssen, um ja nicht dieses Klischee zu bestätigen. Es werden uns auch häufig ungefragt Dinge erklärt oder abgenommen, die wir eigentlich im Griff haben. Und ich werde beispielsweise bei Applaus oder Danksagungen ungefragt angefasst und bekomme eine unangenehme Sonderbehandlung. Es gibt aber auch immer mehr männliche Kollegen, die sich der Problematik bewusst sind und sich für Gleichberechtigung einsetzen.
Trotzdem …
… wird es noch ein paar Jahre dauern, denn es fehlt an genügend Vorbildern. Deswegen nehme ich es als sehr positiv wahr, dass es immer mehr Initiativen gibt, die Mädchen und Frauen unterstützen. So kann ein Gleichgewicht und eine langfristige Verbesserung und eine vielfältige, diversere Kulturszene entstehen. Es ist mir auch ein großes Anliegen, sich untereinander zu verbünden und auszutauschen. Darin steckt sehr viel Potenzial.
Wie sehen die Pläne von Görda aus?
Weißel: Diesen Sommer gehen wir auf Tour, bis Oktober stehen diverse Konzerte auf dem Plan. Im Juli geht es ab ins Studio für eine neue Single. Perspektivisch ist eine neue EP in der Mache.
Text: Max Feller