„Gegenkino“-Festival in Leipzig, 8. bis 18. September, Schaubühne Lindenfels, UT Connewitz, Luru-Kino, alle Termine: www.gegenkino.de
Dieses Jahr steht das „Gegenkino“-Festival in Leipzig im Zeichen der Stimme: Wer spricht und aus welcher Position heraus? Wen lässt man sprechen und wen nicht? Was wird verschwiegen, was lässt sich nur bebildern, aber nicht sagen? An welchen Stellen hören die Worte auch mal auf, einen Sinn zu ergeben?
Das „Gegenkino“-Festival will in 30 Filmen, die zehn Tage lang gezeigt werden, nach anschaulichen und hörbaren Antworten suchen. Besonderes Augen- und Ohrenmerk wird auf drei deutsche Dokumentarfilmerinnen gelegt: Helga Reidemeister, die 1940 in Halle geboren ist, Tamara Trampe und Renate Sami gehören nicht nur einer Generation an, sondern sie hatten auch alle einen unkonventionellen Zugang zum Dokumentarischen.
Das „Gegenkino“-Festival will sich in der Zusammenstellung ihrer Arbeiten auf den Einsatz der Stimmen, der bei den drei Dokumentarfilmerinnen eine bedeutende Rolle spielt, fokussieren.
Ein weiterer Höhepunkt ist zweifellos die Live-Vertonung des japanischen Avantgarde-Stummfilmklassikers „A Page of Madness“ (Regie: Teinosuke Kinugasa) aus Jahr 1926. Und dann bringt auch noch das in Berlin lebende Film-Duo Melissa Dullius und Gustavo Jahn ausgewählte Arbeiten der vergangenen zwei Jahrzehnte ins „Gegenkino“-Programm.
Eröffnet wird das Festival am 8. September um 20 Uhr im Luru-Kino. Dann ist das afro-futuristische Science-Fiction-Musical „Neptune Frost“ von Saul Williams ebenso zu sehen wie der surreal-sinnliche Trip namens „Dead Flash“.
Wer also vom Mainstream-Kino genug hat, wer sorgfältig ausgewählte Filmperlen aus der ganzen Welt sehen will, die sich unseren Sehgewohnheiten kräftig entgegenstellen, ist beim „Gegenkino“-Festival bestens aufgehoben. Cineastische Grenzüberschreitungen und experimentelle Exzesse sind garantiert.
Oder, um aus dem Programmheft des Festivals zu zitieren: „Auch das restliche Programm kann sich hören und sehen lassen: Eine hellseherische Krabbe, eine indische Filmhochschule im Protest, Seefahrer mit dem Kopf von Kolumbus, satanische Super-8-Rituale, Ufo-Anbetungen, ein Ghibli-Schloss, Beatrix beim Zähneputzen, ein schauriges Puppen-Reenactment – und (fast) alle Tode von Udo Kier! Sattelt die Fledermäuse, krallt Euch die Stimmgabeln und taucht mit uns ab in das Kino als Raum der Dissonanz.“
Text: Max Feller