Dietmar Wischmeyer – „Wir. Verdienen. Deutschland.“, 7. April, Haus Leipzig, 20 Uhr, Tickets: www.wischmeyer.de
Gerade ist sein Buch „Als Mutti unser Kanzler war – Erinnerungen an eine total krasse Zeit“ erschienen, nun kommt der Satiriker Dietmar Wischmeyer, bekannt aus der ZDF-„heute show“, mit seinem neuen Programm „Wir. Verdienen. Deutschland.“ ins Haus Leipzig. Grund genug, bei Wischmeyer nachzufragen. Ein Gespräch über Putin, Merkel und Biokäse
Hallo Herr Wischmeyer, wir haben es Mitte März. Könnten Sie bitte diesen Satz beenden? „Vor zwei Wochen hätte ich nicht für möglich gehalten, dass …
… Leipzig noch im Geltungsbereich der Nato liegt. Die gesteigerte Aggression des Irren im Kreml nahm dermaßen Fahrt auf, dass man die russische Schrott-Armee wild um sich schießend schon jenseits der Oder sah. Wenn es nicht so kam, liegt es nicht am Friedenswillen Putins, soviel ist auch sicher.
Die Kolumnen des neuen Buches versprechen der bemerkenswerten Zeit des „Merkelozäns“ ein Denkmal zu setzen. Ein pralles Porträt der Epoche soll es sein. Über welchen Zeitraum reden wir da? Geht die Epoche vom 22. November 2005 bis zum 8. Dezember 2021? Oder beginnt es eher schon 1954? DDR und Kohlsches Mädchen inklusive?
Das „Merkelozän“ beginnt für mich (und in diesem Buch) mit dem Eintritt Muttis in die Kanzlerschaft und endet punktgenau am 24. Februar 2022, als Putin die Ukraine überfiel. In diesem Moment waren alle Illusionen, die wir in 16 Jahren Merkel angehäuft hatten, auf einen Schlag verschwunden. Merkel hat wie ein alter Motor also noch knapp drei Monate „nachgedieselt“ – bevor er endgültig den Geist aufgibt.
Die Motivation Ihres Buches kann nur eine sein: Liebe, oder?
Zumindest stellt sich bei dieser Vermutung die Frage, wem sie denn gilt? Wird es in ein paar Jahrzehnten einen nostalgischen Blick auf die Merkel-Jahre geben, wie ihn jede Generation auf die eigene Jugend hat? Da ich Merkel schon als Erwachsener erlebt habe, hält sich mein „liebevoller“ Rückblick jetzt schon in Grenzen.
Wie sehen die signifikanten Merkmale der Epoche des Merkelozäns aus?
Erfahrung von Stillstand und Paralyse im Erlebnisfall. Im Rückblick: Aussitzen von Problemen, Fehlentscheidungen, aber auch Bewahren vor den großen Fährnissen der Welt (Finanzkrise). Kurz: Life-Problem-Balance. Das selbstzufriedene Dasein im Angesicht der wohlsortierten Auswahl an Biokäse.
Ihr neues Programm „Wir. Verdienen. Deutschland.“ ist eine Anspielung auf den Bundeswehrslogan „Wir.Dienen.Deutschland.“, all diese zahlreichen Punkte inklusive. Versprochen wird ein Blick in den Abgrund und damit die letzte Chance zur Läuterung. Also, gerade heraus: Was müssen wir ändern?
Da hätte ich vor zwei Wochen noch eine lange Liste zusammengestellt, mittlerweile ist die Realität gnadenlos über Deutschland zusammengebrochen, und der selbstgerechte Sonderweg ist Geschichte. Mit ein bisschen Digitalisierung und E-Autos-Shoppen werden wir nicht mal die Gegenwart wuppen, geschweige denn eine Zukunft.
Warum sollte man am 7. April unbedingt ins Haus Leipzig kommen?
Weil es am 8. April definitiv zu spät ist und jetzt noch nicht feststeht, ob und wann ich wiederkomme. Corona hat uns gelehrt, die Feste zu feiern, wie sie fallen.
Abschließend eine ganz einfache Frage: Was ist für Sie Glück?
Einen Fünf-Euro-Schein auf der Straße zu finden. Zu wenig fürs Fundbüro, gerade genug, um sich unverdient eine Bratwurst oder zwei Liter Diesel zu gönnen.
Text: Mathias Schulze