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Das letzte Wort im Februar haben wir der promovierten Umweltwissenschaftlerin und freien Lektorin Grit Zacharias erteilt. Sie ist Mitbegründerin des Leipziger Lektoratsverbund „Textwache“
Frau Zacharias, wenn Sie in diesen Tagen an Leipzig denken, welches Kompliment würden Sie der Stadt und/oder ihren Bewohnern machen?
Wir leben in einer Stadt, in der vieles ziemlich gut funktioniert. Das weiß man einmal mehr zu schätzen, wenn man von Reisen zurückkommt, an Orten war, wo das weniger der Fall ist. Damit meine ich nicht nur die technische Infrastruktur, sondern auch die sozialen und kulturellen Aspekte. Als Lektorin arbeite ich unter anderem seit Jahren für das „Leipziger Amtsblatt“, habe dadurch noch mal einen ganz anderen Einblick in das Stadtgeschehen bekommen. Man kann in Leipzig nicht nur täglich Kunst und Kultur in irgendeiner Form konsumieren, es gibt auch unzählige Möglichkeiten, sich selbst zu engagieren und mitzugestalten, Bürgerbeteiligung ist in nahezu jedem Bereich möglich. Und eine gute Alternative zu „Die da oben …!“
Und welchen Tadel würden Sie der Stadt aussprechen?
Dass Leipzig kein Meer und keine Berge hat!
Kriege, Klima, Inflation – überall Krisen. Wie gelingt es Ihnen, optimistisch zu bleiben?
Mit Blick auf’s große Ganze ist das schwierig. Bleibt man bei der philosophischen Bedeutung des Begriffes, wonach die bestehende Welt die beste aller möglichen Welten ist, und sehen wir uns aktuell auf unserem Planeten und in den sozialen Medien um, ist da wenig Grund für Zuversicht und Optimismus. Zerstörung der Natur, Artensterben, Krieg und Vertreibung, zu sehen, wie Autokraten Gutes und Richtiges mit Füßen treten, all das macht mich wütend. Das alles passiert immer weiter, obwohl wir von wissenschaftlicher Seite seit Jahren, zum Teil Jahrzehnten nicht nur um die Folgen wissen, sondern auch die Werkzeugkoffer für die meisten Probleme längst bereitstehen. Gleichzeitig wächst die Zahl derer, die ihr Heil in irgendwelchen Phrasen, alternativen Wahrheiten oder im rechtem Mainstream suchen. Um an der Welt nicht zu verzweifeln, besinne ich mich auf mein Umfeld, lese ich für neue Ein- und Aussichten Bücher, gehe raus in die Natur.
Und welchen Kulturtipp in oder aus Leipzig würden Sie unbedingt empfehlen?
Die Liedertour! Eine unabhängige Kulturinitiative, ein von Frank Oberhof gegründetes und zusammengehaltenes Netzwerk mit längst nicht nur Leipziger Musikerinnen und Musikern. Aber auch die vom Leipziger Schauspieler Andreas Keller initiierte Leser-Reihe im Schauspiel Leipzig zu Lutz Seilers „Stern 111“, bei der Keller auf der Bühne immer wechselnden Gästen begegnet, zusammen mit ihnen das gesamte Buch vorliest.
So, und jetzt wirklich: Ihr letztes Wort?
Wider die Dummheit – lest Bücher!
Text: Max Feller