Böhm & Böhm – Bilderbücher made in Leipzig, www.boehm-und-boehm.de
Die Autorin Andrea Böhm (AB) und die Illustratorin Lee D. Böhm (LB) veröffentlichen gemeinsam Kinderbücher. Dabei ist der Druck und die Herstellung vollständig lokal in Leipzig verankert. In diesem Jahr feiert man zehnjähriges Jubiläum. Wir haben bei den Bilderbuch-Schwestern nachgefragt
Ihre Bilderbücher vereinen …
LB: ... liebevolle Illustrationen und mitreißende Geschichten über Mut und Beharrlichkeit. Außerdem führen wir bundesweit ErlebnisLesungen mit Live-Zeichnen in Bibliotheken, Kindergärten und Schulen durch und betreiben neben unserem Online-Shop auch einen Laden in der Königshauspassage in der Leipziger Innenstadt mit unseren eigenen Büchern, Lesezeichen, Stickern, Tassen, Magneten, Kunstdrucken und vielem mehr.
2015 haben Sie Ihren Kinderbuchverlag gegründet. Wie kam es dazu?
AB: Am Anfang stand der unbekümmerte Satz von meiner Schwester: „Schreib du doch mal was!“ Daraufhin entstand vor über 20 Jahren der Text unseres ersten Buches „Der kleine Spatz und das Ungeheuer“. Doch bis zur Verlagsgründung und Veröffentlichung dauerte es noch eine Weile, da die Geburt ihrer Tochter 2005 meine Schwester zunächst einmal stark in Anspruch nahm. 2015 war es dann soweit: Am 15. März 2015 präsentierten die Bilderbuch-Schwestern ihr erstes Bilderbuch über den kleinen Spatzen.
Heute …
AB: … lässt sich eine positive Bilanz ziehen. Bisher sind acht Bilderbücher und ein Fotobuch erschienen, die jeweils mit großem Erfolg einer stetig wachsenden Fangemeinde vorgestellt wurden. Wir haben es geschafft, uns eine treue Leserschaft aufzubauen und in einem stark umkämpften Markt zu bestehen. Die Bücher von „Böhm & Böhm“ werden in verschiedenen Ländern gelesen.
Wie funktioniert heute Ihr Geschäft?
LB: Unser Geschäft basiert auf einer zweigleisigen Strategie: Zum einen legen wir Wert auf die Qualität unserer Geschichten und Illustrationen, was uns eine treue Leserschaft sichert. Zum anderen setzen wir auf soziale Medien, um mit unserem Publikum zu kommunizieren. Der Großbuchhandel, der Online-Verkauf, zahlreiche Kooperationen mit Bibliotheken im gesamten Bundesgebiet und die Zusammenarbeit mit der Leipziger Kinderstiftung beim Projekt „Erlebnislesen“ spielen eine wichtige Rolle, um unsere Bücher vielen Kindern zugänglich zu machen. „Kleine Kinder sollten bis ins frühe Grundschulalter so wenig wie möglich mit Bildschirmen in Berührung kommen.“
Wie schauen Sie heute auf den Kinderbuchmarkt? Was ist gut, was muss besser werden?
AB: Der Kinderbuchmarkt ist heute stärker denn je umkämpft. Das hat den positiven Nebeneffekt, dass er im Gegensatz zu früheren Jahren nicht mehr nur durch wenige große Medienunternehmen geprägt ist, sondern auch zahlreiche kleinere Verlage und Selfpublisher mit wettbewerbsfähigen Angeboten mitmischen. Problematisch ist, dass auf dem deutschen Markt viele mittelmäßige bis sehr langweilige Lizenztexte veröffentlicht werden. Diese müssen oft mit erworben und auch veröffentlicht werden, wenn ein bestimmter Bestseller aus dem Ausland eingekauft wird. Solche Texte erschweren Kindern naturgemäß das Interesse am Buch. Zudem gibt es Tendenzen, selbst Bilderbücher für Kleinkinder im Sinne des Zeitgeistes zu instrumentalisieren oder mit stark belehrenden und moralisierenden Texten zu versehen. Es ist wichtig, Werte zu vermitteln, aber dies sollte spielerisch und kindgerecht geschehen – am besten durch mitreißende Figuren, packende Abenteuer, schöne Reime und ein Happy-End, das Mut macht.
Verstehen Sie sich als Kämpferinnen gegen die Digitalisierung, als Kämpferinnen für kulturelle Bildung?
AB: Digitalisierung ist es, woran es Deutschland auf nahezu allen Ebenen schmerzlich mangelt. Auch digitale Bilderbücher sind nicht pauschal zu verteufeln. Allerdings sind wir bei unseren eigenen Bilderbüchern klassisch auf Papier unterwegs. Denn die moderne Hirnforschung sagt eindeutig: Kleine Kinder sollten bis ins frühe Grundschulalter so wenig wie möglich mit Bildschirmen, die ja das digitale Lernen und Arbeiten ausmachen, in Berührung kommen. Mehr noch: Gerade das Anfassen, Blättern, ruhige Betrachten und (Vor-)Lesen von Büchern scheinen im Krippen-, Kindergartenund Grundschulalter unersetzbar für die Sprachentwicklung und den Erwerb der Fähigkeit zur längeren Konzentration zu sein. Dafür gibt es sogar ein konkretes Beispiel.
Erzählen Sie!
AB: Schweden, lange Zeit stolzer Vorreiter bei der Digitalisierung der Klassenzimmer, kehrte 2023 bei den Grundschülern zum Einsatz von Schulbüchern im Unterricht zurück. Mit den zuvor eingeführten Laptops und Tablets war ein deutlicher Rückgang im Leseverständnis, in der Lesegeschwindigkeit und beim Wortschatz beobachtet worden. 2023 gab Schweden 60 Millionen Euro für neue Schulbücher aus, 2024 eine ähnliche Summe.
Sie bieten auch Lesungen mit Live-Zeichnen an. Was ist das?
LB: Dabei liest Andrea, als Autorin der Bücher, vor und ich, die Illustratorin, erstelle mittels digitalem Zeichentablet und Beamer zu jeder Buchseite eine Live-Zeichnung. Und dann präsentiere ich anschließend das Originalbild. Heute bieten wir diese Veranstaltungsform mit eigener Ausrüstung im ganzen Bundesgebiet an und unternehmen auch längere Lesereisen. Die Kinder waren immer fasziniert und reagierten begeistert. Größere Kinder bekommen außerdem spannende Einblicke in die Produktion eines Buches – von der Idee bis zum fertigen Produkt. Am Ende bekommen alle ein kleines Erinnerungspaket in Form von Flyern, Postkarten und Aufklebern.
Text: Mathias Schulze