Sonderausstellungen in der Moritzburg, bis 8.8., Infos zum umfangreichen Begleitprogramm und vorauss. Wiederaufnahme des Öffnungsbetriebs: www.kunstmuseum-moritzburg.de
In der Hoffnung, die Kultur kann wieder tun, was sie am liebsten macht, nämlich da sein, hat das Kunstmuseum Moritzburg ein tolles Frühlings- und Sommerprogramm in petto. Bis zum August sind drei ganz besondere Exhibitionen im Kunsthaus am Mühlgraben zu sehen, die es in sich haben und – online oder präsent – für Verzückung sorgen dürften.
Offiziell läuft seit Anfang Mai ein superbes und bis zum 8. August gezeigtes Ausstellungsprogramm und lässt die Hoffnung auf ein direktes und von langem Hunger gestilltes Kunsterlebnis in Richtung Sommer flackern und leuchten. Das Ausstellungsmotto für den laufenden Frühling und beginnenden Sommer heißt: „Ein extravaganter Rausch“.
Drei exquisite Schauen zur Kunst des ausgehenden 19. Jahrhunderts bieten Schlaglichter auf eine ungemein aufregende und sinnliche Zeit. Das geneigte Besuchsvolk wird geladen in eine Welt voller Sinnlichkeit und Schönheit und kann dank eines umfänglichen Online-Angebots, sicher bald vom möglichen Besuch vor Ort flankiert, ermessen, welche Potentiale friedlicher kultureller Austausch zwischen Ost und West freisetzen kann.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts musste die Vergnügungssucht des Bürgertums in den großen Städten Japans durch spezielle Anti-Luxus-Gesetze eingeschränkt werden. Ein Ausdruck für diese Lebenswelt sind die aufwendig hergestellten Farbholzschnitte, die der Bewerbung verschiedener Unterhaltungsbranchen dienten. Mehr als hundert Jahre später „grassierte“ in Europa, vor allem in Paris, eine Dekadenz, ein hoch artifizieller „Verfall“ aller Lebensbereiche, der den Verhältnissen in Japan durchaus ähnelte.
Und wieder sind es hochwertige Grafiken, die die Vergnügungssucht der bürgerlichen Gesellschaft als Werbedrucke begleiteten, bzw. kunsthandwerkliche Objekte, die den Alltag sublimieren sollten. Mit „Mimen, Blumen, schöne Frauen. Japanische Farbholzschnitte aus der Grafischen Sammlung“, „La Bohème. Henri de Toulouse- Lautrec und die Meister vom Montmartre“ (Abb., Toulouse-Lautrec, „Jane Avril“, Lithografie, 1899) und „Schönheit und Funktion. Preziosen der Art Noveau aus der Sammlung Kunsthandwerk und Design“ lassen so eine intensive Zeit vom Aufbruch der Moderne Revue passieren.
Die drei Ausstellungen lassen mittels herausragender Objekte in jene „neuen“ Welten in Japan und Europa reisen und laden eben ein, in einen extravaganten Rausch einzutauchen und in Vergangenem so manche Parallele zu unserer Gegenwart zu entdecken. Begleitet werden die Sonderschauen von einem umfangreichen Angebot an Online-Führungen durch die Ausstellungen und Sammlungen der Moritzburg, die durch die lange Geschichte des Hauses bis in die unmittelbare Gegenwart begleiten.
Text: André Schinkel